Warum gibt es in den Schulen kein Deutsch?

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Die Notwendigkeit der deutschen Sprache liegt in dem Bewusstsein über die eigene nationale Identität, aber nicht nur. Sie ist auch ein vielversprechender Beitrag zur eigenen Zukunft. Im Jahr 1999 hat die UNESCO den Internationalen Tag der Muttersprache ausgerufen. Seitdem wird dieser jährlich am 21. Februar gefeiert.

Arina Asmus

Арина Асмус
Arina Asmus

Arina ist 14 Jahre alt. Sie ist Schülerin der Klasse 8B des Lyzeums Nr. 16 in der Stadt Pawlodar. Arina interessiert sich seit frühester Kindheit für ihre nationale Zugehörigkeit. Deutsch ist für sie nicht nur eine Sprache der internationalen Kommunikation, sondern auch ihre Muttersprache. Bei der Überwindung der Sprachbarriere helfen der Schülerin die außerschulischen, fakultativen Aktivitäten der Gesellschaft der Deutschen „Wiedergeburt“ des Gebietes Pawlodar, wo sie die Sprache von Schiller und Goethe im Detail und in ihrer Tiefe erfasst. Arina Asmus träumt davon, in Europa zu studieren und in Zukunft eine ehrenwerte Karriere aufzubauen.

– Arina, welche Vorteile bringt die deutsche Sprache deiner Meinung nach?

– Sie ist eine der am weitesten verbreiteten – mehr als hundert Millionen Menschen auf der ganzen Welt sprechen Deutsch. So banal das auch klingen mag, die deutsche Sprache ist nützlich im Berufsleben, im Urlaub oder auf Dienstreisen. Deutsch ist notwendig, um im Ausland, im deutschsprachigen Raum, studieren zu können. Und davon gibt es nicht wenige: Deutschland, Österreich, Schweiz, Belgien, Luxemburg, Liechtenstein. Und nicht zuletzt auch, um Erich Maria Remarque, Patrick Süßkind, Franz Kafka, Thomas Mann, Günther Grass, Heinrich Böll, Max Frisch und andere Autoren im Original zu lesen. Unter anderem ist mir die Sprache von Schiller und Goethe auch als Studium meiner eigenen nationalen Kultur wichtig. Dank der Kurse der Gesellschaft der Deutschen „Wiedergeburt“ des Gebietes Pawlodar besitze ich die Fähigkeiten der mündlichen und schriftlichen Sprache auf Deutsch, und ich erweitere regelmäßig meinen Wortschatz. Ich glaube, dass man die Muttersprache der eigenen Vorfahren lieben muss, dass man stolz darauf und danach streben sollte, sie zu sprechen und zu verstehen. Dies ist eine wichtige und empfindliche Verbindung zwischen den Generationen… Im Allgemeinen ist das Erlernen praktisch jeder Sprache ein ziemlich langwieriger und komplexer Prozess.

– Was denkst du, machen Schwierigkeiten einen Menschen stärker?

– Zweifellos. Es findet eine Abhärtung des Charakters statt, die Selbstbeherrschung und die Willenskraft nehmen zu. Man könnte sagen, dass das Leben ohne Prüfungen und Probleme banal, langweilig und uninteressant wäre. Und aus jeder Schwierigkeit ziehen wir bestimmte Erfahrungen, ändern unsere Sichtweise und unseren Blick auf die Menschen, die Gesellschaft und das Leben an sich.

– Was würdest du gerne am Schulsystem ändern?

– Den Ansatz zum Erlernen von Fremdsprachen. Meiner Meinung nach sollten sich nicht nur Eltern, sondern auch die Schulen darum bemühen, dass die Kinder möglichst viele Fremdsprachen beherrschen. Hier ist es wichtig, das System nicht einzuschränken, sondern zu erweitern. Je mehr Sprachen sich die Schüler aneignen, desto besser. Ich trete dafür ein, dass die Schüler bestimmte Werteeinstellungen zu den Sprachen entwickeln. Und bereits im Unterricht brauchen die Schulen neue, informelle Unterrichtsansätze. Zum Beispiel gibt es nicht genügend Menschen, die Fremdsprachen beherrschen – man sollte nicht nur die Theorie studieren, sondern auch die Praxis erschließen. Ja, ich würde mir wünschen, dass das Unterrichtsformat nicht mehr das übliche, vollgestopfte, alte, festgefahrene System wäre. Bildung sollte so interessant wie möglich sein, sie sollte die Schüler aktiv in die Kommunikation miteinbeziehen und sie sollte nicht einem Zwang gleichen. Dann wäre das Ergebnis auch produktiver… Aber man sollte auch das alte Benotungssystem zurückbringen.

– Welche Frage würdest du dem Bildungsminister stellen?

– Ich würde fragen, warum es in den Schulen kein Deutsch gibt! Warum findet die Organisation des Bildungsprozesses in den weiterführenden Bildungseinrichtungen ohne das Erlernen der Sprache Schillers und Goethes statt? Heute ist die Situation so, dass, weil es in den Schulen kein Deutsch gibt, die deutsche Sprache im Wettbewerb um das sprachliche Umfeld verliert. Und dies, obwohl es viele gibt, die die Sprache lernen wollen. Viele Eltern geben viel Geld für Nachhilfelehrer aus. Es ist gut, dass es in unserer Stadt bei der Gesellschaft der Deutschen „Wiedergeburt“ des Gebietes Pawlodar kostenlose Deutschkurse gibt. Wäre dies nicht so, wäre es eine totale Katastrophe. Wenn es nicht genug Deutschlehrer an den Schulen gibt, warum gibt es dann keine Ausbildung für Lehrkräfte in diesem Fach?

– Was sind deine Hobbies neben der deutschen Sprache?

– Ich mache seit mehr als sechs Jahren bei dem Modetheater „Vernissage“ mit. Vor kurzem habe ich in einem Wettbewerb sogar einen Sieg errungen und wurde mit dem Titel „Gran Prix Super Model 2021“ ausgezeichnet. Ich freue mich sehr über den Sieg und den Titel.

– Was ist dein Glücksrezept?

– So viel Zeit wie möglich mit Familie und Freunden zu verbringen. Lieben, hoffen, glauben, sich vorwärts bewegen und auch Hindernissen nicht aus dem Weg zu gehen. Tatsächlich ist das Rezept für Glück ein umfangreiches und vielfältiges. Und jeder hat sein ganz eigenes.

Zachar Antonow

Захар Антонов
Zachar Antonow

Zachar ist Schüler der Klasse 10B der Mittelschule Nr. 39 eines innovativen Typs mit Gymnastikunterricht in der Stadt Pawlodar. Er ist 16 Jahre alt. Seit der ersten Klasse lernt Zachar Deutsch. Sein schulisches Wissen festigt der Jugendliche wöchentlich nach der Schule in den deutschen Unterrichtsstunden der Gesellschaft der Deutschen „Wiedergeburt“ des Gebietes Pawlodar.

– Zachar, was motiviert dich eigentlich, Deutsch zu lernen?

– Es ist die Möglichkeit zur beruflichen Weiterentwicklung und die großartigen Aussichten in einer zukünftigen Karriere. Und außerdem kann man mit der deutschen Sprache problemlos reisen, neue Freundschaften schließen, oder sich selbstständig wissenschaftliches Wissen auf Deutsch in Büchern und im Internet aneignen. Deutsch zu lernen, kann sich auf vieles positiv auswirken. Das motiviert mich sehr. Manchmal möchte man sich nicht besonders gerne über die Übungen lehnen, aber wenn ich daran denke, dass dies mir in Zukunft helfen wird, dann lerne ich beharrlich weiter. Ich glaube, dass die deutsche Sprache überhaupt nicht kompliziert, und in der Welt ebenso beliebt ist, wie zum Beispiel Englisch, Spanisch oder Französisch.

– Welche Faktoren beeinflussen deiner Meinung nach die Schwierigkeit, Deutsch zu lernen?

– Davon gibt es mehrere, der wichtigste ist aber, dass das Fach an den meisten Mittelschulen nicht angeboten wird. Es ist kein Geheimnis, dass der aktuelle Schullehrplan der Popularisierung und dem Unterricht der englischen Sprache den Vorzug gibt. Das ist der falsche Ansatz. Man kann meine Schule herannehmen. Früher haben meine Klassenkameraden und ich in den Grundschulklassen vormittags nach dem üblichen Programm gelernt, und nachmittags mit einer anderen Lehrkraft ausschließlich auf Deutsch. Danach hat sich die Situation geändert. Jetzt lerne ich nach dem Lehrplan sowohl Englisch als auch Deutsch, aber nur ein paar Stunden pro Woche. Ich eigne mir die Sprache Schillers und Goethes auch in den kostenlosen Kursen der Gesellschaft der Deutschen „Wiedergeburt des Gebietes Pawlodar an. Das verwirrt und frustriert sicherlich.

– Welche Veränderungen würdest du gerne im Schulsystem sehen?

– Ich denke, dass es bei der Organisation des Bildungsprozesses notwendig ist, die Meinungen der Schüler und ihrer Eltern zu berücksichtigen und eine komplexe Theorie in eine unterhaltsame und interessante Praxis zu transformieren. Insbesondere fehlt vielen meiner Altersgenossen eine zweite Fremdsprache in den Schulen. Ich würde mir wünschen, dass das Erlernen der deutschen Sprache in den Lehrplan aufgenommen wird. Außerdem studieren praktisch alle Schüler in den älteren Klassen die gleichen Fächer, ohne Rücksicht auf eigene Wünsche oder weitere berufliche Perspektiven zu nehmen. Ich glaube, dass dies nicht besonders effektive und richtige praxisorientierte Methoden sind. Es ist an der Zeit, sich von ihnen zu lösen und neue, bessere und vernünftigere Ansätze einzuführen.

– Was machst du in deiner Freizeit?

– Ich spiele Fußball. Meine Leidenschaft für diesen Sport ist groß und das schon von klein auf. Er hat mir geholfen, bis zu einem gewissen Grad mein Potenzial freizusetzen. Man kann sagen, dass ich eine Familientradition und die Dynastie fortsetze. Mein Großvater, mein Vater und mein Onkel waren seinerzeit berühmte Fußballspieler in Kasachstan. Und die Mannschaft, in der ich spiele, vertritt das Gebiet Pawlodar auf der Meisterschaft der Republik Kasachstan. Im Jahr 2021 wurde ich bei der kasachischen Meisterschaft der Jugendmannschaften der Regionen Torschützenkönig. Darauf bin ich sehr stolz.

– Was ist deiner Meinung nach das größte Problem der Menschheit?

– Egoismus. Viele Menschen, ob Beamte, Unternehmer oder berühmte Persönlichkeiten, denken nur an sich und ihre eigenen Interessen. Nur wenige Menschen denken überhaupt an die Zukunft, daran, wie unsere Nachkommen leben werden. Sie leben hier und jetzt, vielleicht sogar in in ihren gemütlichen, kleinen Welten – für sie geht der Tag vorbei und alles ist in Ordnung! Gegenseitige Hilfe und Unterstützung gibt es heute kaum noch. Die Menschen sind abgestumpft, zu langweiligen Robotern geworden, denen nur noch der eigene Vorteil am Herzen liegt. Natürlich stumpft man ab bei all der Negativität und bei Misserfolgen, aber das macht die Seele nicht leichter, glücklicher oder ruhiger. Mein Lebensmotto lautet vielmehr: „Ich bin glücklich, wenn alle um mich herum glücklich sind“.

Marina Angaldt

Übersetzung: Philipp Dippl

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