Das Gedenken der Menschen ist die höchste Anerkennung

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Der alte Hase der Gesellschaft „Wiedergeburt“ Aktobe, Irina Tschupilko berät schon seit vielen Jahren die Deutschen ihrer Region. Sie füllt Dokumente aus, berät, verrät und erinnert sich in den freien Minuten daran, wie es früher war, an der Schwelle zur Unabhängigkeit.

In der Gesellschaft der Deutschen ist es selten still. Die Mädels hängen ununterbrochen über ihren Papieren, Berichten, Konsultationen. Die Mädels – das sind vier charmante Damen, eine schöner wie die andere. Jede hat ihre Arbeit. Inga ist die Vorsitzende der Gesellschaft, sie hält alles zusammen. Tantjana ist die Buchhalterin: Steuern, Bilanzen, Zahlen – keiner bewältigt diese Arbeit besser als sie. Elena ist die Koordinatorin der Sozialarbeit: sie hört zu, hilft, teilt den Großmüttern und Großvätern ihr Grundkontinent zu. Irina Borisowna ist die führende Spezialistin. Von ihr erzählen wir ein bisschen später.

– Ich kam in die Gesellschaft Mitte der 90er Jahre, als die zweite Welle der Spätaussiedler aufkam. Es waren so viele Leite, dass wir bis neun Uhr abends arbeiteten. Wir haben Dokumente ausgefüllt, versucht, so schnell wie möglich zu helfen, – erzählt meine Gesprächspartnerin bei einer Tasse starken, frisch gebrühten Kaffees.

Übrigens half insbesondere Kaffee, die Erschöpfung zu bewältigen. Heute ist dieses Getränk ein unverzichtbares Attribut der Gesellschaft. Mit ihm beginnt der Morgen für die Mitarbeiter. „Völlig entspannt soll man arbeiten, und keine Kaffeekränzchen abhalten!“ – hat irgendjemand gesagt und hat doch nicht recht. Dies ist so eine Tradition, die es in jedem Kollektiv geben sollte, damit die Arbeit in positiver Stimmung abläuft.

Übrigens ist die positive Stimmung das, was „Wiedergeburt“ Aktobe von anderen unterscheidet. Mit den Jahren verändern sich die Menschen, aber das Lächeln bleibt unverändert, die freundlichen Worte und die Freundlichkeit, mit der hier jedem begegnet wird, der hereinkommt. Ebenso wird Zielstrebigkeit und Enthusiasmus in heiliger Ehre gehalten. Vor zwei Jahrzehnten wollten viele Aktöbinsker Deutsch lernen. Einige Gruppen zählten mehr als dreißig Leute.

– Von unserer Seite gab es immer Unterstützung in der Spracharbeit. Bei uns arbeiteten großartige Lehrer, die meisterhaft mit den Wörtern umgingen. Zu den Pädagogen bildeten sich Schlangen – alle wollten nicht nur Deutsch lernen, sondern sich auf Literatursprache verständigen, – erinnert sich Irina Tschupilko.

In banger Erwartung warteten wir auf die Ankunft der Lehrer aus Deutschland. Als sie in die Schule Nr. 11 eingeladen wurden, haben sie nicht nur Wissen mitgebracht, sondern auch Literatur, die stetig den Bibliotheksbestand auffüllte. Die Kursteilnehmer überhäuften die Lehrer mit Fragen: das Leben in der historischen Heimat interessierte doch jeden.

Am Vorabend der Entstehung Kasachstans befand sich die Gesellschaft in einer kleinen Wohnung. „Eng, aber nicht übel“, – erzählten die Deutschen lachend. Übrigens gab es nie sehr viel Personal – üblicherweise drei bis vier Personen. Aber auch Freiwillige haben geholfen, sie haben einen großen Beitrag zur Entwicklung der Gesellschaft geleistet.

Kurz darauf prangte das Schild „Wiedergeburt“ an einem Büro des Hauses der Kultur der Chemiker, und bereits zu Beginn der zweitausender Jahre zog die Gesellschaft zusammen mit allem liebgewonnenen Hausrat in eine Wohnung im Stadtteil „Elektron“, wo man sie bis heute findet.

Der Herbst bleibt den Aktobinskern lange im Gedächtnis: In dieser Zeit des Jahres fanden die Tage der deutschen Kultur statt – ein originelles Festival, zu welchem die Kinder und Jugendliche aus den Kreisen des Gebietes kamen.

Der besondere Stolz ist der Jugendklub der „Nuller“. Die Vorsitzende ist Elena Obodinskaja. Die junge Frau schaffte es, ein super Team zusammenzubringen, alle kamen zu ihr, vertrauten ihr und unterstützten sie. Die Jugendlager, die interessanten Themenseminare, die Spiele und Wettbewerbe – das ist lediglich ein kleines Bröckelchen von dem, was es in 15 Jahren gab. Die Jugend „brannte“ und war der Antrieb für das deutsche Leben der Region.

– Der Chor „Veilchen“ ist heute ein Nationalchor, damals hat alles gerade erst angefangen. Er wurde schnell populär, und die Lieder der „Veilchen“ liebten viele. Die Deutschen aus Aktobe, die nach Deutschland gingen, hören sie noch immer an. Aber das Gedenken der Menschen ist die größte Anerkennung in unserer Arbeit, – stellt Irina Borisowna fest.

Jeden Tag finden neue Ereignisse in der Gesellschaft statt: Klienten kommen, Dokumente werden ausgefüllt, Kurse werden gehalten, Veranstaltungen werden geplant, und ständig verweilt man bei Kaffee, Professionalität und Wohlwollen.

Dmitrij Schinkarenko

Übersetzung: Philipp Dippl

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