„Mennonitische Kirchenmusik und ihre digitale Notation“

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Besonderheiten der mennonitischen Musik, Traditionen, Gattungen, Kompositionen. Digitale Notation: Überblick über Technologien und Methoden der digitalen Notation, Vorteile der digitalen Notation bei der Bewahrung und Weitergabe des musikalischen Erbes. Entschlüsselung von digital aufgenommenen Noten: praktische Tipps für die Umwandlung von digitalen Aufnahmen in herkömmliche Noten, Beispiele für die Entschlüsselung von Kompositionen. Die Materialien für die Arbeit wurden während der Teilnahme am Projekt „Praktikum kasachstanischer Jugendlicher in Deutschland“ mit Unterstützung der Partnerorganisation Jugend- und Studentenring der Deutschen aus Russland e.V. (JSDR e.V.) vom 23.10 bis 03.11.2023 im Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte (Detmold, Deutschland) gewonnen.

Mennoniten sind bekanntlich die Anhänger einer der ältesten frühen protestantischen Kirchen des 16. Jahrhunderts, die in Norddeutschland sowie in den Niederlanden und der Westschweiz entstanden sind. Die erste Einwanderung von Mennoniten aus Deutschland nach Russland erfolgte 1789 auf Einladung von Zarin Katharina II. und umfasste 228 Familien. Man versprach ihnen Religionsfreiheit, Befreiung vom Militär- und Zivildienst, jeder Familie wurden 65 Dessjatine Land zugeteilt, und sie wurden für 10 Jahre von den Steuern befreit. Dies war die erste Phase des kulturellen Wandels im Leben der Mennoniten.

Diese Periode war gekennzeichnet durch die Bewahrung und Isolierung der traditionellen Musikkultur und Rituale, aber sie markierte auch den Beginn der Akzeptanz neuer musikalischer Melodien, Harmonien und Rhythmen. Interne Veränderungen in der traditionellen Kunst traten unter dem Einfluss eines anderen ethnischen Umfelds auf, das weit von den gewohnten mennonitischen Gewohnheiten entfernt war. So entstanden koloniale Lieder mit traditionellen Melodien, einstimmiger Männergesang und die polyphone Mehrstimmigkeit protestantischer Choräle.

Ungefähr von 1874 bis 1941 können wir die zweite Etappe markieren, in der das System der volkstümlichen Genres seine volle Funktionsfähigkeit und Entwicklung erlangt. Aber nach den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts geht das Genre der geistlichen Gesänge in den Untergrund. Dennoch gibt es eine aktive gegenseitige Beeinflussung der Musikkultur – die Wahrnehmung und Entlehnung neuer ethnischer Melodien, ihre Verwendung in den Genres der kolonialen und lyrischen Lieder; das Auftauchen von weltlichen Themen in mehrstimmigen Chorensembles.

Die Schwächung des volksmusikalischen Bratensystems, ein leichter Verlust der Kenntnis der deutschen Kultur und Mentalität fällt auf 1941 – 1989 – die dritte Etappe. Die erhaltene Mehrstimmigkeit ändert allmählich den Stil, die Bilder, die Themen der Geschichten, die von der neuen ethnischen Kultur Sibiriens, Kirgisiens und Kasachstans beeinflusst werden. Von den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts bis heute können wir die vierte Etappe bezeichnen, die durch den Abschied von der Gattung des Kolonistenliedes, die Verbindung des wolgadeutschen Gesangsstils und anderer Bekenntnisse der Russlanddeutschen, die Bewahrung des geistlichen Liedes, mit digitaler Notation gekennzeichnet ist.

Das System der musikalischen Notation in Ziffern geht auf das von Pierre Galen entwickelte System zurück – das Galen-Paris-Chevet-System, in Deutschland auch als Ziffernsystem bekannt. Eine ähnliche Notation wurde von Jean-Jacques Rousseau im Jahr 1742 eingeführt. Diese Methode der Musiknotation wurde von den Mennoniten als sehr effektiv für das schnelle Verständnis von Musiknotation bei Erwachsenen und als einfach genug für kleine Kinder beim Beherrschen, Aufnehmen und Lesen der Melodien, die sie singen, angesehen.

Die Musiknotation besteht aus sieben Grundtönen – den Zahlen 1 bis 7, die ohne weitere Notation bedeuten:
do re mi fa sol la si
c d e f g a h

Steht am Anfang des Liedes ein Zeichen „a=X“, wobei X einer der Werte der Grundtöne ist, der die Tonika definiert, dann wird die Tonfolge um diesen Wert verschoben. „a“ ist die Note A, d.h. wenn a=3 ist, bedeutet das, dass A die dritte Stufe in der Harmonie ist, von der aus wir drei Noten zurückzählen: A-3, G-2, Fa-1, und wir erhalten f(fa) Tonika, den ersten Grundton in der Tonalität. Im Beispiel Nr. 1 ist zunächst die Tonart C-Dur angegeben und auch die Position der Note A – a=6, und wenn man 6 Noten zurückzählt, erhält man c (do)=1.

Senkungen und Erhöhungen um Halbtöne werden durch westliche Änderungszeichen angezeigt: scharfes ♯ – Erhöhung um einen Halbton, flaches ƅ – Senkung um einen Halbton, bekar – Aufhebung der Wirkungen von Kreuz und b.

Ein Punkt unter einer Ziffer bedeutet eine Abnahme um eine Oktave, ein Punkt über einer Ziffer eine Zunahme (Beispiel #2). Zwei Punkte bedeuten zwei Oktaven. Außerdem gibt es durchgehende Linien, die die Anzahl der Stimmen im Lied anzeigen, und die Ziffern werden auf die Linien geschrieben; wenn sich die Ziffer oberhalb der Linie befindet, bedeutet das, dass sie eine Oktave höher ist, wenn sie sich unter der Linie befindet, ist sie niedriger (Beispiel 1). Eine Ziffernnote ohne Unterstriche dauert ein Viertel, mit einem Unterstrich – ein Achtel, mit zwei Unterstrichen – ein Sechzehntel.

Ein Komma rechts von einer Ziffer verdoppelt diese, z. B. „1,“ – aus einem Viertel wird ein Halb. Ein Punkt rechts von einer Zahl, wie in der westlichen Notation, erhöht die Dauer um die Hälfte, ein zweiter Punkt um die Hälfte. Ein Bindestrich rechts von einer Ziffer bedeutet, dass die Dauer um die Dauer der Note erhöht wird, z. B. wird eine ganze Tonika mit „1-“ geschrieben. Eine Null bedeutet eine Pause, die Dauer der Pause wird wie bei den Noten angegeben. Die vertikale Anordnung der Ziffern bedeutet, dass sie gleichzeitig erklingen, ein Akkord aus entsprechenden Noten. Es ist also möglich, eine beliebige digitale Notation von Noten in das uns bekannte musikalische Notationssystem zu übertragen. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass in Ziffern aufgezeichnete Lieder sich in der Art der Interpretation der Bezeichnungen von Dauern, Tonhöhen, dynamischen Abstufungen usw. unterscheiden können. Daher müssen Sie beim Entschlüsseln intuitiv verstehen, was der Autor gemeint hat, und zwar anhand des Umfangs des Stücks, der starken und schwachen Teile, der vorangehenden und nachfolgenden Takte.

Anita Schabalowa

Übersetzung: Annabel Rosin

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