Die Meisterwerke von Natalja Schneider

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Einen Weihnachtsstrumpf für Geschenke, Laternen aus Einmachgläsern, Bilder aus Graupeln. All das und andere skurrile Bastelarbeiten stellen die Schüler des Handwerkszirkel „Basteln“ und des Frauen-Klubs unter der Leitung von Natalja Sanina in dem Dorf Preobrazhenka im Kokpektinsker Kreis im Gebiet Ostkasachstan her.

Die Vorfahren unserer Heldin Natalja Sanina (Schneider) stammen gebürtig aus dem Wolgagebiet. Es waren deportierte Deutsche – die Großmutter Ernstina Moor und der Großvater Friedrich Schneider. Sie wurden, so wie viele andere ethnische Deutsche, nach Sibirien, in das Gebiet Krasnojarsk, verbannt. Dort wurden die Kinder der Familie Schneider geboren: Nina, Fjodor, Olga und Aleksandr. Es gab noch eine ältere Schwester, aber sie starb im Kindesalter. Nina und Olga leben heute in Deutschland.

– Mein Vater, Fjodor Fridrichowitsch, war 13 Jahre alt, als die Eltern nach Kasachstan kamen, – erinnert sich Natalja Sanina. Sie waren zu Besuch bei einer Cousine des Vaters und sahen zum ersten mal das Dorf Preobrazhenka. Ihnen gefiel das fruchtbare Land, und sie wollten sich hier niederlassen. Meine Vorfahren befolgten streng die deutschen Traditionen, sie kannten die Sprache. Mein Vater verstand, aber sprach nur wenig auf Deutsch. Er arbeitete sein ganzes Leben lang mit landwirtschaftlichen Maschinen, er war Mechaniker. Und die Mutter, Taisija Wasiljewna, beherrschte, obwohl sie eine Russin war, die Bräuche der Deutschen mit Leichtigkeit und lernte, deutsche Speisen zu kochen. Als meine Großmutter noch lebte, backten sie besonders oft Streuselkuchen oder Krapfen und brieten Schnitzel. Die Mutter hat ihr ganzes Leben lang als Lehrerin für Geschichte gearbeitet. Meine Eltern sind seit fast einem halben Jahrhundert zusammen. Im nächsten Jahr feiern sie die goldene Hochzeit. Nach ihrer Pensionierung hat meine Mutter im Dorf den Rat der Veteranen geleitet.

Neben Natalja gibt es in der Familie Schneider noch zwei Schwestern – die ältere Irina und die jüngere Olga. Sie sind beide in ihrem Heimatdorf Preobrazhenka geboren und aufgewachsen.

– Nach dem Abschluss der pädagogischen Hochschule in Ust-Kamenogorsk im Jahr 1996 habe ich einen Job als Lehrerin in der Schule bekommen, – erzählt meine Gesprächspartnerin. – Mein Ehemann Sergej arbeitet im Dorf, er hat einen bescheidenen technischen Beruf. Meine Tochter Elena ist Beamtin.

Der Wendepunkt im Leben des kleinen Dorfes war die Eröffnung einer kleinen Zweigstelle der regionalen deutschen ethnokulturellen Vereinigung „Wiedergeburt“. Bei der Erweiterung ihres Tätigkeitsbereichs haben die Aktivisten des Zentrums beschlossen, ihre Aufmerksamkeit auf Preobrazhenka zu lenken, wo rund 80 Deutsche leben. Dort wurden Deutschkurse gestartet, welche von Aljona Limberg und Tatjana Kletz geleitet werden. Und der Frauen-Klub und der Zirkel „Basteln“ werden von Natalja Sanina geleitet, wie wir weiter oben geschrieben haben.

– Die Unterrichtsstunden finden einmal in der Woche in Räume statt, die das Akimat des Dorfes zur Verfügung stellt. Dies vereint Menschen unterschiedlichen Alters. Sie unterhalten sich, reden über Familientraditionen und basteln gemeinsam. Unter den Mitgliedern des Klubs gibt es viele talentierte Leute, die singen oder Gedichte vorlesen. Ich selbst begeistere mich für Poesie. Um über die Organisation irgendeines kreativen Kollektivs zu reden, zum Beispiel einer Gesangsgruppe, ist es noch zu früh. Aber die Handwerksgruppe stößt auf Begeisterung.

In der Gruppe der Schützlinge von Natalja Sanina sind auch Schüler im mittleren Alter, die den Zirkel „Bastel“ besuchen. Sie treffen sich ebenfalls ein Mal in der Woche abhängig von der Schule. Die Jungs und Mädels stellen Bastelarbeiten aus ungenutzten Gegenständen oder aus natürlichen Materialien her, sie malen, nähen, und das Wichtigste ist – sie studieren mit Begeisterung die Traditionen und Bräuche der deutschen Ethnie. Zum Beispiel haben sie zum Tag des heiligen Sankt Martin, der im Herbst gefeiert wird, wundervolle Laternen gebastelt und eine Prozession der Straße entlang veranstaltet. Selbst die Kinder haben Kostüme für den Fasching gebastelt.

– Viele in unserem Dorf haben deutsche Wurzeln, und wir bekommen viele herzliche Rückmeldungen von den Eltern, deren Kinder an den Zirkeln teilnehmen, – gesteht unsere Heldin offen. – und für die Menschen, die bereits im Herbst des Lebens sind, ist der Besuch des Klubs ein Ausgleich. Auf diese Weise entsteht eine Kontinuität der Generationen. Auf dem Plan stehen außerdem Wanderungen, Ausstellungen und lebendige Veranstaltungen mit einer ethnokulturellen Komponente. Ich habe eine Vielzahl an kreativen Ideen, aber es ist nicht immer möglich, sie in die Realität umzusetzen. Und einen Traum gibt es auch noch – einmal die historische Heimat – Deutschland – zu besuchen.

Elena Paschke

Übersetzung: Philipp Dippl

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