Nikolaj Jokkers Nikolaj Jokkers ist Optimist, gesunde Menschen könnten auf seinen positiven Blick auf die Welt neidisch werden, obwohl er schon vor 54 Jahren beide Arme und ein Bein verlohr. Nikolaj wurde als Ergebnis eines unglücklichen Ereignisses im Jahre 1955 zum Invaliden. Zu dieser Zeit war er erst 24 Jahre alt. Er hatte Glück. Da er wundervolle Ärzte in der Nähe hatte. Er wurde im Leningrader wissenschaftlichen Forschungsinstitut für Prothesen operiert. Genau dort lernte er die Krankenschwester Natascha kennen, die er im Jahr 1961 heiratete. Später lebten die Jungvermählten viele Jahre in Alma-Ata. Heute ist Nikolaj Jokkers 78 Jahre alt. Zur Zeit des Umzugs nach Deutschland im Jahr 1993 musste er eine weitere Tragödie verarbeiten: den Verlust seiner geliebten Ehefrau, mit welcher er 38 glückliche Jahre verbrachte. Sie ist im Krankenhaus am Vorabend einer geplanten Operation verstorben. Heute lebt er mit seiner Tochter, dem Schwiegersohn und drei Enkelkindern, welche das ganze Glück seines Lebens bedeuten, in der Statt Göppingen im Südwesten Deutschlands. Es kommt vor, dass er unter dem fröhlichen Gekicher der Enkel an die lange zurückliegende Vergangenheit denkt, bisweilen scheint es ihm, als wäre alles gestern gewesen. Die grellen Bilder der Kindheit ziehen vorbei, welche er in dem deutsch-lutheranischen Dorf „Nikolaital“ im Gebiet Rostow, gegründet im Jahre 1908 von Deutschen, die dorthin aus den ukrainischen Gebieten Dnepropetrowsk und Zaporozhe übersiedelten, verbrachte. Zu dieser Zeit waren die deutschen Familien sehr groß, sie wuchsen schnell, die Erde reichte nicht, also kauften die Vorfahren Nikolajs Grundbesitz von dem Grafen Nikolaj Fomin im Süden Russlands und benannten das Dorf nach ihm Nikolaital. Dort lebte Kolja bis zur Zwangsaussiedlung der Deutschen nach Kasachstan im Jahre 1941. Zu dieser Zeit war er 11 Jahre alt. Noch in den sechziger Jahren, als er im Invalidenheim lebte, begann er, Tagebuch zu führen. „Im Krankenzimmer gab es einen Tisch für mehrere Personen, an welchem die Jungs Karten, Domino und Schach spielten. Wenn der Tisch frei wurde, schrieb ich dort, um die Zeit totzuschlagen. Später begann ich, über meine Eindrücke von den Besuchen in den Kurorten zu schreiben, über das Familienleben, über die Kindheit. Auf diese Weise wurden bis zu der Zeit meiner Ausreise nach Deutschland 69 Hefte von mir gefüllt.“ In einer Druckerei in Deutschland wurde ein Buch von Nikolaj Jokkers gedruckt. Es beschreibt das heimatliche Dorf und seine Menschen, es handelt von den Nächsten und den Verwandten, von den Opfern während der Repressionen des Jahres 1937 und von der Periode der Deportation nach Kasachstan. Das Buch heißt „Lebe wohl, Nikolaital“. „Als der Zweite Weltkrieg begann, waren die Menschen, die das Dorf aufgebaut haben, schon im fortgeschrittenen Alter, und keiner von ihnen hat im Exil überlebt. Meine Verwandten sind jetzt schon über 70 Jahre alt“, sagt Nikolaj Jokkers“, und es wird darauf hinauslaufen, dass sich nach uns schon niemand mehr an Nikolaital erinnern wird. Ein Buch lebt länger als der Mensch, genau deshalb habe ich diese Erinnerungen aufgeschrieben.“ Buchbestellungen und Kontakt zum Autor unter der Telefonnummer: 07161/389770 Übersetzung: Philipp Dippl