Iskander. Licht und Schatten werfen

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Theater ist beruhigend. Wie frische, kühle Herbstluft: einatmen, ausatmen und die Alchemie. Ein Sinnesrausch mit den Kulissen, der Handlung und den leisen Berührungen der Seelen der Schauspieler.

Theater als Meditation vor dem Hintergrund eines philosophischen Diskurses, einer Liebesbeziehung und einer Sehnsucht des menschlichen Wahnsinns. „Ich kenne Menschen, in denen steckt ein ganzes Universum, unermesslich. Aber herauskriegen tut man es nicht. Ums Verrecken nicht“, dies schrieb der deutsche Schriftsteller und Drehbuchautor Patrick Süßkind in einem seiner Romane. Im Theater gibt es viele solcher Menschen. In ihrem wahren Wesen sind sie nicht nur Schauspieler, sondern auch Heiler und „Stiller“ des geistigen Hungers der Zuschauer. Was leicht zu sehen ist, wird leicht vergessen. Aber das Mosaik aus Glücksmomenten, Jubelstürmen und ewigem Leid bleibt in der Erinnerung erhalten. Gerade Abais „Iskander“ stammt aus dieser sentimentalen und tragischen Sphäre.

Am 22. September zeigt das Theaterstudio der Jugendkreativität „Bunt“ der Stadt Aksu in der Regionalgesellschaft der Deutschen „Wiedergeburt“ Pawlodar eine Inszenierung nach Abaj Kunanbajews „Iskander“. Laut Larissa Nagornaja, Regisseruin und Leiterin des Studios, sind Aufbau und Inhalt von „Iskander“ so dual wie die Welt um uns herum und so realitätsnah wie möglich.

„Unser kreatives Team wurde durch neue junge Künstler bereichert. Dabei handelt es sich um Teenager im Alter von 14-15 Jahren. Jetzt haben wir junge, mittlere und Künstler im Teenageralter“, sagt Larissa Nagornaja. „In naher Zukunft, zum Tag der Sprachen, wollen wir ein Theaterstück auf Grundlage von Abajs „Iskander“ aufführen, welches einen der Feldzüge des berühmten Feldherrn Alexander des Großen beschreibt.

„Vor langer, langer Zeit, vor unserer Zeitrechnung
Kannten die Leute den Namen Iskander
Der Sohn von König Philipp von Mazedonien.
Er war über alle Maßen stolz und eitel…“

Mit diesen scheinbar trivialen Worten beginnt die Handlung, deren Ereignisse die Zuschauer nach und nach in ein grenzloses Chaos ziehen, das am Ende eine unerwartete Handlung nimmt. In all seiner geistigen Beschränktheit und seinem Mangel an Mitleid mit der menschlichen Natur ist Alexander der Große von Idealismus durchdrungen; in einem kränklichen, pathologischen Sinne.

Der Zuschauer empfindet sowohl Abscheu als auch Mitleid mit dem Protagonisten. Verwirrung paart sich mit Interesse, Verzweiflung und einer leichten Trance. Kurzum, es ist unwahrscheinlich, dass man die Inszenierung in reiner Stille betrachten kann. Das Schauspiel geht bis in die Tiefe des Herzens: Es scheint, dass man sich auf der anderen Seite der physischen Existenz befindet, aber im Zentrum der Geschichte.

„Wir haben bereits im Frühjahr 2022 auf dem Stadtfest ein Gleichnis nach dem Gedicht „Iskander“ von Abaj Kunanbajew aufgeführt. Es ist die Geschichte von Alexander dem Großen, der verschiedene Völker eroberte, darunter auch den Osten. Im Osten wurde der Makedonier Iskander genannt. Er war ein blutrünstiger Krieger, der sich danach sehnte, die ganze Welt zu erobern“, sagt Larissa Nagornaja. In der Wüste fand sich der Makedonier, der bis dahin triumphale Feldzüge gegen verschiedene Länder geführt hatte, am Rande von Tod und Leben wieder. Er hörte die Stimme Gottes, der ihm einen einfachen menschlichen Knochen gab. Und es gab nichts Ausdrucksvolleres als dieses Geschenk – eine Überzeugungskraft, die stärker war als Worte. Der weise Mann schüttete Sand und Erde auf den Knochen, welche mit Gold verglichen wurden. Geld und Macht beflügeln die Seele nicht. Wenn der Körper stirbt, wird er zu Staub und gerät in Vergessenheit. Arme und Reiche sind im Grab gleichgestellt. Man muss sich mit dem Nötigsten begnügen, darf nicht grausam und gierig sein.“

„Wir haben alle Kostüme und Requisiten selbst hergestellt. Sie sind aus Öko-Leder und Linoleum, beschichtet mit Sprühfarbe. Auch die goldenen Kostüme haben die Kinder selbst genäht“, erklärt die Direktorin und Leiterin des Studios „Bunt“ und fügt hinzu: „Darüber hinaus planen wir für den 25. September eine theatralische Quest, bei der ein Märchen mit einer verworrenen und geheimnisvollen Geschichte über Rapunzel, das Mädchen mit den langen Haaren, im Mittelpunkt steht. Diese Veranstaltung wird dem Tag der Kinder in Deutschland am 20. September gewidmet sein. Nächste Woche werden wir auch das Deutsche Haus in Pawlodar besuchen und an einem Jugendseminar teilnehmen. Außerdem werden wir das traditionelle Erntedankfest feiern, und für den 31. Oktober ist eine Nacht des Schreckens geplant. Im November planen wir ein Martinsfest, bei dem wir ein theatralisches Ritual mit Elementen der heidnischen Mystik aufführen werden. Ich möchte das keltische Erntedankfest Samhain erleben, das später als St. Martinsfest wiederbelebt wurde. Und am Ende des Jahres gibt es eine Weihnachtsaufführung. Kurz gesagt, in jedem Herbstmonat werden wir eine Art Inszenierung in Form eines bunten Theaters mit spielerischen Elementen und einer ethnokulturellen sowie rituellen Komponente aufführen.“

Marina Angaldt

Übersetzung: Annabel Rosin

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