Von den Klassikern der Gotik bis zu den Verrückten

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Am vergangenen Wochenende gab der Karneval in Aksu den Ton an, als in der Region Pawlodar der traditionelle, jährliche Februarfasching stattfand.

Das unverzichtbare Attribut der Karnevalstage sind die bunten, lustigen und fast schon Halloween-Kostüme, die einzigartigen, farbenfrohen Masken, die mitreißende Musik, das Lachen, die faszinierenden Umzüge, die Jahrmärkte, die Theateraufführungen und die fröhlichen Tänze. All diese ausgelassene und originelle Exzentrik, die an eine Art verrückte Aktion erinnert, kriecht aus den Tiefen des Unterbewusstseins hervor – im Namen des Abschieds vom Winter und des Beginns der Fastenzeit. Mit anderen Worten: Krawatten abschneiden, Krapfen kauen (obligatorisches Attribut des deutschen Faschings), ohne Reue Scherzartikel, Elfen, Teufel und Holzmasken tragen, mit ansteckender Begeisterung singen und tanzen, der Wintermelancholie und Routine entfliehen! Auf geht’s zum Feiern! Und eine kleine Warnung – Sie können die Faschingsregeln unter keinen Umständen ignorieren…

Die „Weiberfastnacht“ ist einer der untypischsten Tage des Karnevals, an dem moderne Frauen die Krawatten von Männern auf äußerst unmenschliche Weise behandeln – indem sie sie durchschneiden. Der Vorgang ist in der Regel schmerzlos und ohne grimmige Gefühle. Auf diese Weise zeigen die Damen, dass die Macht nicht nur in den Händen von Männern liegt.

Am Freitag, dem so genannten Rußfreitag, dürfen sich Kinder über Passanten lustig machen, sie verhöhnen und ihnen Ruß und Kohle ins Gesicht schmieren. In den letzten Jahren wird dieser eigentümliche und leicht unheimliche Brauch jedoch nur noch selten irgendwo anders praktiziert. Am Samstag finden in den Städten große Umzüge statt, bei denen die „Schwellköpp“ besonders beliebt sind. Sie stellen absurde, riesige Nachbildungen berühmter historischer und politischer Persönlichkeiten dar. Der Fasching gipfelt am Rosenmontag, nach dem am Vorabend des Frühlingsanfangs eine leidenschaftliche Zeit und ein Verbot von Feierlichkeiten bis Ostern folgt…

„Wir haben beschlossen, den Februar-Fasching mit Märchen zu feiern: freundlich, traurig und fröhlich“, erzählt Larisa Nagornaja, Regisseurin und Leiterin des Jugend-Theaterstudios „Bunt“ der Stadt Aksu bei der Gesellschaft der Deutschen „Wiedergeburt“ der Region Pawlodar. „Wir präsentierten eine theatralische Unterbühne mit dem Titel ‚Märchen des alten Bremen‘. Es ist ein Kaleidoskop von geheimnisvollen, in etwas sogar mystisch, aber charmant und skurril, und die Hauptsache – Kult, beliebten und vielen vertrauten Märchen. Die Hauptfiguren der Aufführung waren die Gebrüder Grimm, die kleine Rosenrot und das kleine Schneeweißchen.“

Das Publikum bekam einen mittelalterlichen Gotik-Klassiker im Stil deutscher Märchen zu sehen, mit altmodischem Volk, alles besiegender Güte und rührender Liebe in einer Soße aus zeitgenössischer Realität. Eine unbehagliche menschliche Beziehung vor dem Hintergrund der Magie, zuweilen mit unheimlicher Melancholie, abschreckender Sehnsucht und einem frenetischen Kampf zwischen den Antipoden… Irgendwie gelang es dem Regisseur, all diese markanten Extreme zu dirigieren und einen Genre-Rausch mit wilden, aber gutmütigen Wendungen zu schaffen.

„Wir haben unsere Märchenwelt – eine surreale Reise a la ‚je weiter in den Wald…‘ mit Faschingstraditionen – mit einer Abfolge von Romantik, Melodrama und Tragödie, Trotz des Schicksals, Hoffnung auf das Beste und einer philosophischen Suche nach sich selbst gefüllt, die heute so aktuell ist wie eh und je“, gesteht Larisa Nagornaja im Gespräch. „Es ist schwer, sich nicht in all diese Erscheinungsformen zu verlieben, die wie eine Bombe wirken. Und nach der Aufführung haben wir eine Teeparty mit traditionellen deutschen Krapfen organisiert. Die Atmosphäre war einfach wie zu Hause.“

Marina Angaldt

Übersetzung: Annabel Rosin

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