Bist du schon einmal einem Wolpertinger begegnet?

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Die deutsche Folklore ist auf märchenhafte Weise verblüffend und wunderschön, ironisch und mythologisch: Elfen, blonde Waldnymphen, aus dem Paradies vertriebene Peri, verliebte Meerjungfrauen, gehörnte Hasen…

Ja, ihr irrt euch nicht: gewöhnlich, beinahe durchschnittlich, mit langen Ohren, nur leicht gehörnt… und manchmal mit Flügeln: welcher von den Hasen hat schon ein solches Glück. Das mystische Bild vom Wolpertinger, so wird dieses schräge Tier in Bayern von alters her genannt, wird in zahlreichen deutschen Volksmärchen besungen, in denen es von der Welt des Realen bis zur Welt der reinen Phantasmagorie nur wenige Schritte entfernt ist; wo Wahrheit und Glaubwürdigkeit in Frage gestellt werden und die Tugend mit Hilfe der magischen Kräfte der Magie und der Alchemie über das Böse triumphiert.

Einen wesentlichen Beitrag zur Legende des gehörnten Nagetiers leisteten die großartigen und schauderhaften Erfinder – die Gebrüder Grimm, die das Tier bereits im Jahr 1753 in ihren Publikationen erwähnten. Wie die jahrhundertealte Legende besagt, kann bei weitem nicht jeder den Wolpertinger sehen, sondern nur junge Mädchen und nur bei Vollmond. Übrigens wird der bayrische mythologische Hase nicht selten mit der Walpurgisnacht (30. April – 1. Mai) in Verbindung gebracht.

Um das unwirtlich anzusehende Tierchen zu fangen, muss man ziemlich schwitzen, sowie einen Sack und unerschütterliche Geduld dabeihaben. Die Wolpertinger ernähren sich genauso, wie ihre gewöhnlichen langohrigen Kollegen: mit Gras, Hafer, Käfer, Gemüse und anderem Hasenfutter. Man sagt aber auch, dass sie dem Duft von frischen Backwaren hinterhereilen… aber nicht immer.

– Die Gebrüder Grimm sind außergewöhnliche Geschichtenerzähler, in ihren Erzählungen, aus denen wir viele interessante Dinge erfahren können, ist es manchmal schwierig, zuverlässig festzustellen, was wahr ist und was nicht, – erzählt Uljana Konkina, Leiterin des Zirkels für angewandte Kunst „Basteln“ in der Filiale des deutschen Begegnungszentrums in dem Dorf Uspenka. – Und existierte der gehörnte Hase mit Flügeln nun oder nicht? Eine eindeutige Antwort gibt es nicht. Wie dem auch sei, einen so ungewöhnlichen und einzigartigen Folklorecharakter, so glaube ich, kann man nicht einfach beiseiteschieben.

Ja, der Wolpertinger ist kein moderner Comic-Held. Für die überwiegende Mehrheit der Menschen ist er unbekannt, und in Vergessenheit geraten. In einer urbanisierten Welt kann jedes zweite Kind meisterhaft Gadgets bedienen, kennt aber gleichzeitig weder Geschichte noch Folklore. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die jungen Künstler und Gestalter aus dem Klub „Basteln“ in Uspensk, als sie vom Wolpertinger erfuhren, sofort beschlossen haben, seine illusorische Erscheinung auf Papier festzuhalten. Im Ergebnis erwies sich das geheimnisvolle Tier als weiß, flauschig, lustig und harmlos.

– Absolut alle Kinder lieben Märchen, weil sie die tiefsten Stellen in der Seele berühren, die Menschen in die Welt der Magie hineinziehen, sie zum Träumen ermutigen und die Fantasie entfalten, – sagt Uljana Konkina. – Die Märchen der Gebrüder Grimm oder anderer deutscher Autoren sind unvergängliche Werte, die wichtig sind um weiter zu lieben. Sie dürfen nicht vergessen werden!

Marina Angaldt

Übersetzung: Philipp Dippl

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