Der Mann, der die Zeit überschritt

Zurück

Der herausragende Wissenschaftler, Professor für Archäologie und Ehrenbürger der Region Kasachstan Wiktor Zajbert ist verstorben.

„Dank dieser mühevollen, sorgfältigen Arbeit von Wiktor Zajbert hat die ganze Welt von der Botaj-Kultur erfahren, – , merkte der Akim des Gebietes Nordkasachstan Kumar Aksakalow auf seinem Instagram-Account an,wo der der Familie des Archäologen und Wissenschaftlers sein Beileid ausdrückte. Unser Wissenschaftler hat bewiesen, dass das Pferd in den Steppen Nordkasachstans erstmals domestiziert wurde. Die langjährige Arbeit des nordkasachischen Archäologen ist das historische Erbe unseres Landes“.

Kurz vor seinem Tod erhielt Wiktor Fedorowitsch den Titel Ehrenbürger des Gebietes Nordkasachstan. Die Entscheidung, ihm diesen Titel zu verleihen, wurde am 6. April diesen Jahres bei einem Treffen des regionalen Maslichat getroffen. Dieser Titel wurde ihm für seine aktive soziale Arbeit und seinen großen Beitrag zur wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung des Gebietes Nordkasachstan verliehen.

Es war eine freundschaftliche Familie

Wiktor Zajbert wurde am 30. September 1947 im Dorf Nikolaewka im Kreis Esil im Gebiet Nordkasachstan geboren. Er, seine Zwillingsschwester Elwira und vier weitere Kinder – Irina, Wilma, Wladimir und Jurij – wuchsen in der Lehrerfamilie von Amalia Petrowna und Fedor Fedorowitsch Zajbert auf. Es war eine eng verbundene Familie, alle Kinder lernten gut, studierten Musik, spielten in Familien- und Schulinstrumentenensembles, waren sportbegeistert und lasen viel. In der Familie herrschte deutsche Ordnung und Respekt vor der Arbeit.

Nach dem Schulabschluss trat Wiktor Zajbert in die historische Fakultät des pädagogischen Instituts Petropawlowsk ein. Im Jahr 1969 begann er, als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Heimatkundemuseum des Gebietes zu arbeiten.

Seit dem Jahr 1972 leitete Zajbert die Archäologische Expedition Nordkasachstans. Im Jahr 1980 entdeckte diese Expedition die Überreste einer neolithischen Siedlung in der nähe des Dorfes Botaj in der Region Atyrau im Gebiet Nordkasachstan. Die Botaj-Kultur wurde nach dem Namen des Dorfes benannt, deren Studium bis heute andauert. Sie existierte zwischen 3700 und 3100 v. Chr. Es wird angenommen, dass seine Träger die ersten auf der Welt waren, die Pferde domestizierten. Über ihre Sprache und Herkunft gibt es noch immer Streitigkeiten.

Wiktor Zajbert ist Autor von mehr als 100 wissenschaftlicher Artikel und Monografien zur antiken Geschichte Nordkasachstans.

Im Jahr 1994 hielt er die Vortragsreihe „Archäologie Eurasiens“ an den Universitäten von Cambridge, Oxford, Belfast, Newcastle und Edinurgh (Großbritannien).

Die archäologischen Forschungen von Wiktor Zajbert und seines Teams haben bewiesen, dass Botaj ein einzigartiger Ort in der Siedlungsgeschichte der frühen Pferdezüchter Eurasiens ist und dass sich bereits in der Jungsteinzeit (4-3 tausend Jahre v. Chr.) die Steppenzivilisation zu bilden begann, und ab diesem Moment bildeten sich aktive Migrationen alter Völker und ethnischer Gruppen früher Staaten und Imperien.

Mehr als 40 tausend Artefakte

Und all diese bedeutenden Entdeckungen haben ihren Ursprung im Sommer 1980. Als Lehrer am Pädagogischen Institut Petropawlowsk schloss Wiktor Zajbert die Arbeit an der Atbasar-Kultur ab.

Bei der Entscheidung, welches Objekt er für weitere Ausgrabungen auswählen sollte, erinnerte er sich an eine der ersten archäologischen Erkundungen in der Nähe des Flusses Iman-Burluk. Er fühlte sich dann besonders zu einem Platz am Steilufer mit einer weitläufigen Fläche und einem Nadelwald hingezogen. Hierher schickte er die jungen Laborassistenten Oleg Martynjuk und Wladimir Zatow. Sie kehrten mit Keramikfragmenten zurück. Wiktor Fedorowitsch erkannte sofort, dass hier ein phänomenales archäologisches Objekt gefunden worden war. In nur einer Woche seit Beginn der Ausgrabungen sammelten Archäologen mehr als 40000 Artefakte, darunter Knochenmesser, Steinschaber, Pfeilspitzen, Speere, Scheiben mit Löchern und Geschirrfragmente. Es gab so viele Funde, dass sie zu Haufen aufgetürmt wurden.

Einer der örtlichen Historiker berichtete, dass es an diesen Orten einst die Weiden eines gewissen Botaj gab. Es wurde beschlossen, dem neuen archäologischen Objekt diesen klangvollen Namen zu geben.

Später wurden im Norden Kasachstans noch mehrere ähnliche Siedlungen entdeckt, die etwa 100 bis 150 Kilometer voneinander entfernt waren. (die optimale Entfernung für die Bewegung von Herden). Dies machte es möglich, von einer Botaj-Kultur zu reden, die in der Zeit des Übergangs von der Steinzeit zur Bronzezeit, von Matriarchat zu Patriarchat lebte und einen echten Durchbruch in der Geschichte der Antike darstellten – sie sattelten ein Pferd.

– Vor der Entdeckung der Botaj, – sagte Wiktor Zajbert in einem seiner Interviews, – glaubte man, dass die Steppenzone nur ein Transportkorridor war, durch den Indoeuropäer und Türken von West nach Ost und von Ost nach West gingen, aber keiner von ihnen hatte hier für lange gesiedelt.

Botaj drehte diese Idee um und bewies, dass hier und von diesem Moment an eine dynamische Geschichte begann, von hier aus begann die globale Anpassung menschlicher Gruppen an die Umwelt, in unserem Falle an die Steppe.

Auf Botaj wurde der früheste aller bekannten Beweise für die Domestizierung von Pferden gefunden. Wir sprechen hier vom vierten Jahrtausend vor Christus, und das ist etwa tausend Jahre früher als alle anderen Zeugnisse der Domestizierung des Pferdes und zweitausend Jahre älter als die domestizierten Pferde, deren Überreste in Europa gefunden wurden.

Eine hundertprozentige Bestätigung dieser Schlussfolgerung war das Ergebnis einer Analyse von Abschabungen von Scherben von Tongefäßen aus Botaj, in denen Kumys hergestellt wurde. Und diese Schlussfolgerung ist eindeutig: Wenn eine Stute gemolken wird, bedeutet das, dass sie nicht wild ist.Путы, найденные на Ботае, практически не изменились за шесть тысяч лет.

Die Botaj wussten auch, wie man Pferdefleisch haltbar macht. Sie legten es in eine Grube, dichteten es mit Ton ab und entzündeten oben ein Feuer, das mehrere Tage brannte.

Die auf Botaj gefundenen Fesseln haben sich in sechstausend Jahren praktisch nicht Verändert.

– Die Domestizierung des Pferdes, so glaubte Wiktor Zajbert, – hatte weltweite Folgen. Es war eine echte Explosion in der Geschichte der Menschheit, ähnlich wie die Erfindung der Dampfmaschine, die Erforschung des Weltraums oder die Schaffung des Internets. Nachdem er ein Pferd gesattelt hatte, sattelte ein Mensch in Wahrheit die Zeit, weil er eine undenkbare Geschwindigkeit erreichte, an einem Tag konnte er nun hundert Kilometer zurücklegen. Dieses Ereignis stellte die Welt auf den Kopf. Mit der Domestizierung des Pferdes in der Steppe begann eine gewaltige Bewegung, Migrationsströme ergossen sich, eine neue Ära begann.

– Es ist unendlich traurig, dass er nicht mehr unter uns ist, – schrieb Elena Tschernyschowa, eine ehemalige Studentin der historischen Fakultät des Pädagogischen Instituts Petropawlowsk, auf ihrer Facebook-Seite. – Wiktor Fedorowitsch – ein Wissenschaftler von Weltruhm, mein Lieblingslehrer, fünf Jahre lang gingen wir zusammen zum archäologischen Praktikum nach Botaj und Arkaim. Ich war immer erstaunt über seine außergewöhnliche Arbeitsfähigkeit und sein Engagement für seine Arbeit. Die Studenten liebten ihn, fingen jedes Wort auf, führten bedingungslos die ihnen übertragenen Aufgaben aus und lauschten seinen Geschichten am Abendfeuer. Später, als ich bereits in den Medien arbeitete, führte ich mehrere Interviews mit ihm über Botaj und die Menschen von Botaj. Diese Treffen waren immer echte journalistische Erfolge. Freundlich, weise, stark. Das Königreich der Himmel, ewige Erinnerung!

Andrej Kratenko

Übersetzung: Philipp Dippl

Поделиться ссылкой:

x