Mit der Hoffnung auf eine bessere Zukunft

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Aufruf des stellvertretenden Vorsitzenden der National-kulturellen Autonomie russischer Deutshcer des Gebietes Kaliningrad Andrej Rende

Verehrte Genossen und Kollegen, Beteiligte der Bewegung „Wiedergeburt“! Viele von euch wurden, manche früher, manche später, zu aktiven Beteiligten der offiziellen Bewegung zur politischen Rehabilitierung der sowjetischen Deutschen.

Im Jahr 1964 hat der Staat die ungeheuerlichen Anschuldigungen festgestellt, die durch das Dekret „über die Umsiedlung der Deutschen, die in den Wolgakreisen leben“ des Präsidiums des höchsten Rates der UdSSR seit dem 28. August 1948 vorgetragen wurden. Es wurden Maßnahmen zur Entwicklung der deutschen Kultur getroffen. In Kasachstan eröffneten das deutsche Theater, wurden Zeitungen in deutscher Sprache herausgegeben, wurden, wenn auch in begrenzter Auflage, Bücher deutscher Autoren gedruckt, ein Mal in der Woche wurden Radio- und Fernsehsendungen ausgestrahlt. In Wohnblocks bildeten sich Kunsthandwerkszirkel, in den Schulen lernten die Kinder Deutsch als Muttersprache. Aber all diese Maßnahmen haben das Hauptproblem nicht gelöst: die politische und rechtliche Rehabilitierung der sowjetischen Deutschen und die Wiederherstellung ihrer Staatlichkeit.

Die sowjetischen Deutschen forderten aktiv die Lösung dieser Fragen. Im Jahr 1965 fanden zwei, und Jahr 1988 drei Treffen der Delegierten mit der Führung des Landes und der KPdSU statt, auf welchen ihnen mitgeteilt wurde, dass man die autonome Republik, welche im Jahr 1941 liquidiert wurde, nicht wiederherstellen könne: wenn die Deutschen aus Kasachstan und Sibirien weggehen, bleibt dort keiner übrig, der noch arbeitet. So bemerkte der Akademiker Boris Rauschenbach in seinem Aufsatz in der zweiten Etappe des ersten Kongresses der Deutschen der UdSSR ganz richtig: „… die gute Arbeit der sowjetischen Deutschen ist der Hauptgrund der Nichtwiederherstellung ihrer Republik“. Stattdessen wurde ihnen empfohlen, die öffentlich-politische und kulturell-aufklärerische Allunionsgesellschaft „Wiedergeburt“ zu gründen, was auch auf der konstitutierenden Konferenz in Moskau im März 1989 getan wurde. Gleichwohl wurden vor Ort Vereine, Kulturzentren und andere Vereinigungen der sowjetischen Deutschen gebildet.

Ende 1988 wurde der Verein der Zeitungsleser „Freundschaft“ organisiert. Am 14. Februar 1989 habe ich in der Stadt Zelinograd den sozialpolitischen und nationalkulturellen Verein „Einheit“ gegründet. Im Juni des gleichen Jahres entstanden ähnliche Vereine in den Kreisen Atbasarsk und Alekseewsk im Gebiet Zelinograd. In Kaliningrad hat der Direktor des Kulturpalastes des Verpackungsmittelkombinates Wiktor Gofman die deutsche Gesellschaft „Einheit“ eröffnet. In Tomsk, Tscheljabinsk, Alma-Ata und anderen Regionen entstehen deutsche Kulturzentren. In ihnen fanden deutsche Kulturfestivals statt, wurden Sonntagsschulen für Kinder und Deutschkurse organisiert.

So wurde zum Beispiel in Zelinograd Ende Dezember 1989 im Palast der Eisenbahner der erste offizielle Abend im Gebiet veranstaltet, der dem Weihnachtsfest gewidmet war. An ihm haben mehr als 200 Kinder und Eltern teilgenommen. Das Programm des zentralen Fernsehens „Vzgljad“ strahlte die Feier aus, wo auch mein fünfminütiges Interview über die Probleme der sowjetischen Deutschen gezeigt wurde. Dies wurde zum ersten Mal gemacht! Ebenso haben wir es geschafft, das Problem der Ausübung materieller Hilfen für Arbeitssoldaten zu lösen, denen die städtischen Behörden die gleichen Privilegien wie ehemaligen Frontsoldaten zusicherten, mit Ausnahme eies kostenlosen Autos.

Für den Verein „Einheit“ wurde ein Raum in einem Neubau bereitgestellt. Wir haben Unterrichtsstunden der Sonntagsschule für Kinder, Folkloregruppen, deutsche Sprachkurse für Erwachsene und verschiedene andere Veranstaltungen durchgeführt. In den folgenden Jahren wurde uns eine zusätzliche Räumlichkeit für ein Kulturzentrum bereitgestellt, wo wir das „Zentrum der humanitären Hilfe“ zusammen mit den Adventisten organisierten. Ebenso wurde das erste Restaurant Kasachstans mit nationaler Küche „Hannover“ sowie der humanitäre und pädagogische Komplex „Kindergarten-Schule-Gymnasium“ eröffnet.

Doch sämtliche Veranstaltungen, die die deutschen Organisationen, Kulturzentren und Vereine in verschiedenen Regionen des Landes durchgeführt haben, haben die wichtigste Aufgabe nicht gelöst: die nationalpolitische, ethische und kulturelle Rehabilitierung der sowjetischen Deutschen und die Wiederherstellung ihrer Staatlichkeit. Leider, ungeachtet der riesigen Arbeit, die von der Gesellschaft „Wiedergeburt“ durchgeführt wurde, ist es nicht gelungen, die Probleme und Aufgaben zu lösen, von denen die Teilnehmer der ersten (konstituierenden) Konferenz der Gesellschaft der sowjetischen Deutschen gesprochen haben.

Vielmehr befinden wir uns heute am Rande der Zerstörung unserer Ethnie, vor der auch die zahlreichen Deutschkurse, die Jugendsprachlager, die verschiedenen Wettbewerbe und Festivals, die theoretischen und wissenschaftlichen Konferenzen, sogar die Versuche der Bildung von Eliten russischer Deutscher sie nicht retten können.

Trotzdem bildet die Gründung der Allunionsgesellschaft der sowjetischen Deutschen „Wiedergeburt“ die Grenze, als die russländischen Deutschen der Sowjetunion mit voller Stimme ihre Probleme ansprachen und ihre Lösungen forderten. Und nicht sie sind daran schuld, dass das multinationale Land der Arbeiter und Bauern sie nicht hörte…

Ich beglückwünsche alle früheren und heute aktiven Mitglieder der Bewegung aufrichtig zum 30. Jubiläum der Allunionsgesellschaft der sowjetischen Deutschen „Wiedergeburt“. An die erinnernd, die nicht mehr mit uns sind, danke ich ihnen für die Wiederbelebung der einzigartigen Ethnie der russländischen Deutschen und verliere nicht die Hoffnung auf eine bessere Zukunft unseres Volkes.

Übersetzung: Philipp Dippl

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