Bauyrsak-Party in herzlicher Gesellschaft

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Wie die Deutschen aus Aktau gelernt haben, Baursaky zu backen

Bereits zum dritten Mal findet in der Ölhauptstadt Kasachstans eine ungewöhnliche Veranstaltung statt – die „Bauyrsak-Party“. Eine originelle Hommage an das traditionelle Essen der Völker Zentralasiens. Außerdem ist dies ein Tag der Ernte, der Wärme und der Freundschaft.

Im letzten Jahr wurde der Tag der Baursaky im großen Stil begangen – es war ein Volksfest entlang der Uferpromenade des Ural, oder auf den zentralen Plätzen und immer mit dem Verteilen kasachischer Krapfen. In diesem Jahr sorgte das Coronavirus für Veränderungen. Die Veranstaltung fand im Haus der Freundschaft statt, aber sie war trotzdem nicht weniger interessant. Übrigens war das Festival zeitlich auf das 25-jährige Jubiläum des Verbandes der Deutschen Kasachstans sowie auf das 380-jährige Jubiläum von Atyrau abgestimmt.

Die Vertreter eines Dutzend ethnischer Gruppen, die auf dem Gebiet der Region Atyrau leben, sangen Lieder in ihrer Muttersprache und auf Kasachisch, tanzten, oder teilten ihre Familiengeschichten mit. Zur Mittagsmahlzeit war jeder dazu eingeladen, Baursaky zu backen. Nach einem kurzen Workshop der Älteren wurde der Startschuss zur Zubereitung der Speisen gegeben.

– Bei uns daheim lieben wir Baursaky, deshalb backe ich sie oft und gerne. Kasachstan ohne Baursaky ist einfach undenkbar! – lacht Natalja Gorbatschenko, Aktivistin des Deutschen Zentrums „Wiedergeburt“ Atyrau.

Die Krapfen zu backen ist wirklich einfach, erfahrene Hausfrauen kommen mit Leichtigkeit damit zurecht.

– Es gab keine Wettbewerbsmomente: wir haben uns gegenseitig Tipps gegeben und geholfen. Und anschließend haben wir alle zusammen unsere köstlichen Kreationen mit den Bürgern geteilt, – fügt Natalja hinzu.

Die junge Frau verwöhnt ihre Familie: Zuerst backt sie Baursaky, dann einen Strudel. Und dann kocht sie noch irgend ein deutsches Gericht. Während des Kochens lässt sich Natalja von Zahlen und Rechnungen ablenken, denn unsere Heldin arbeitet als Buchhalterin in der deutschen Gesellschaft.

Und dann ist da noch Nata – eine wundervolle Floristin, die bereits seit einigen Jahren prächtige Blumensträuße zusammenstellt. Es kann sein, dass die Leidenschaft von ihrem deutschen Großvater an die junge Frau weitergegeben wurde, der Blumen ebenfalls vergöttert hat. Ihre Freizeit widmet Natalja ihrer Familie: ihrer Tochter, der Schönheit Marija und ihrem geliebten Ehepartner.

– Wenn es mal eine freie Minute gibt, dann gehen wir zusammen am Ufer des Ural spazieren und genießen die Schönheit von Atyrau. Außerdem lerne ich noch aktiv Deutsch – die Sprache meiner Vorfahren, – sagt meine Gesprächspartnerin.

Deutsche Spuren in Atyrau

Im Gegensatz zu vielen Städten in Nord- und Westkasachstan haben die Deutschen mit der Gründung des heutigen Atyrau nichts zu tun. Trotzdem haben sie ihre Spuren in der Geschichte der Stadt hinterlassen.

Man nimmt an, dass vor 380 Jahren der Kaufmann Gurij Nazarjew an der Mündung des Flusses Jaik in das Kaspische Meer eine hölzerne Festung errichtete. Die Kinder des Gründers Michail, Iwan und Andrej Gurjew waren die ersten, die mit der kommerziellen Ausbeutung des Fischreichtums des Jaik und der Erschließung der Ölreserven des Emba begannen. Später kam die Festung unter die Herrschaft der Jaitsk-Kosakenarmee. In den Jahren 1647 bis 1648 wurde durch ein Dekret des Zaren eine steinerne Stadt errichtet. Sie wurde als Städtchen Nizhnij Jaizkij, seltener als Städtchen Ust-Jaizkij bezeichnet. Im 19. Jahrhundert wurde sie in Stadt Gurjew umbenannt, später einfach Gurjew.

Im Juli 1667 kam Stepan Razin – Anführer des Bauernkrieges in Russland, mit seiner Truppe in das Städtchen Nizhnejaizkij, welche zur Basis seiner Truppen wurde. Hier verbrachte Razin den Winter 1667-1668 und bereitete sich auf weitere Aktionen vor.

In dieser Zeit war für das zaristische Russland diese Region von großer Bedeutung, im Hinblick auf die Fischerei, sowie im Hinblick auf die Stärkung seiner südlichen Positionen. Aber sie war nicht sehr gut erforscht, so das hin und wieder Expeditionen hier her geschickt wurden.

Der Akademiker Pjotr Simon Pallas, der Gurjew im Sommer 1769 besuchte, stellte Veränderungen in der Erscheinung der Festung und ihrer Strukturen im Vergleich zur ursprünglichen Bebauung fest:

„In der Festung wurde nur ein Tor auf der Ostseite errichtet, hin zum Fluss Jaik. Auf ebendieser Seite befindet sich ein Teil einer alten steinernen Mauer, die in die neue Festungsstruktur übernommen wurde. Ihre Höhe betrug mehr als zwei Meter und bestand aus dicken Ziegelsteinen; aber nun ist sie vom salzigen Grund so abgebröckelt, dass sie bald zusammenbrechen wird.“ Gleichzeitig stellte der Wissenschaftler fest, dass die Festung Gurjew, mit Ausnahme von Orenburg, einen Vorteil gegenüber allen Festungen entlang des Jaik besaß. Zuallererst mit seiner Garnison, die rund 600 gut bewaffnete Bogenschützen zählte.

Dann leitete ein berühmter deutscher Naturforscher und Reisender eine Expedition der russischen Akademie der Wissenschaften. Er und seine Kollegen untersuchten die städtische Bevölkerung und ihre Berufe, sowie die natürlichen klimatischen Bedingungen am Unterlauf des Jaik. Der Wissenschaftler machte eine Reise auf die Insell Kamennyj, und zog dann den Jaik hinauf.

Er bekam Hilfe von Christoph Euler (der Sohn des Mathematikers Leonard Euler), der den unteren Jaik im Rahmen einer von Profesor G. M. Lowitz geleiteten astronomischen Gruppe besuchte. Übrigens haben die Astronomen, die in dieser Stadt den Durchgang der Venus durch die Sonne beobachteten, hier eine Reihe weiterer Entdeckungen gemacht.

Einige Monate verbrachte „einer der herausragendsten Naturforscher aller Länder und Zeiten“, der „Deutsche der Natur“, so wie ihn Werdanskij beschrieb, Pjotr Pallas, der einen bedeutenden Beitrag zur Bildung und Entwicklung der Biologie, Geographie, Ethnologie, Geologie, Philologie und Ökologie leistete, in Gurjew und machte eine Reihe von Aufzeichnungen. So zum Beispiel:

„In der weißen Zeit (Im Frühjahr), in der Zeit der massenhaften Bewegung der Fische, erschienen so viele von ihnen nahe des Utschug, dass dieser vom Druck der Fische sich auflösen könnte…“

Im Jahr 1833 besuchte Wladimir Iwanowitsch Dal (dessen Vorfahren ebenfalls Deutsche waren) – der Autor des „Erklärenden Wörterbuches der lebendigen großrussischen Sprache“ mehrfach Gurjew. Er beobachtete das Leben, die Sitten und die Gebräuche der Kasachen, schrieb kasachische Sprichwörter auf und übersetzte sie, er beherrschte die kasachische Sprache gut.

Hier schrieb Wladimir Iwanowitsch eine Novelle über die treue Liebe des Kasachen Bikej zu seinen Stammesgenossen. Der Schriftsteller liebte die kasachische Steppe:

„Ich habe den Sommer in der Steppe verbracht, habe 1500 Werst gemacht…, hier ist es so gut, dass ich nicht Abschied nehmen möchte“.

Von April 1862 bis Oktober 1862 war N. A. Sewertsow, der Begründer der zoologischen Geographie, Botaniker, Ethnograf und Reisender, in Gurjew. Von ihm wurden Karten des Rückzugs des Kaspischen Meeres an der Mündung des Ural in den Jahren 1772, 1834 und 1862 zusammengestellt.Als der die Gebiete des Emba-Deltas erkundete, erreichte er die Mündung des Flusses Emba und entdeckte hier Ölvorkommen. Im Gegensatz zu den damaligen Wissenschaftlern argumentierte Severtsov, dass „im naturhistorischen Sinne beide Ufer des Urals gleich sind; er grenzt nichts ab, sondern fließt einfach entlang der kirgisischen (kasachischen) Steppe.“ Nikolai Alekseevich machte Vorschläge zum Schutz der Fische beim Laichen und zur Verbesserung der Fangtechniken, was zu stürmischenm Protest der Monopolisten der Fischereiindustrie führte.

Durch Gurjew tief in die Steppe Atyraus führte die Expedition des Oberst G. E. Grumm-Grzhimajlo im jahre 1888, die aus den beiden Wachoffizieren und Brüdern Leman, dem deutschen Baron Donelmaier und dem Professor Lebedew bestand.

Ihre Aufmerksamkeit lag auf den Ölabflüssen der Emba und sie sahen zum ersten Mal, wie Kasachen ihre Rinder mit Schorföl behandelten.

Im vorrevolutionären Gurjew nahm der Kaufmannsklub von Farber (ein Franzose deutscher Herkunft) eine herausragende Stellung ein. Ausschließlich Kaufmänner konnten Mitglieder dieses Klubs werden. Gegenüber des Klubs befand sich die „Gesellschaft der Nüchternheit“. Dort wurden Tee getrunken, Domino gespielt und heilige Bücher gelesen.

Die Nachkommen der Deutschen, die verfolgt und nach Gurjew vertrieben wurden, arbeiten auch heute noch in der Stadt. Es sind nicht mehr sehr viele von ihnen übrig – weniger als Tausend, aber Sie versuchen, ihre Geschichte und ihre Wurzeln zu bewahren.

Übrigens benannte am 4. Oktober 1991 der Stadtrat der Volksdeputierten von Gurjew die Stadt in Atyrau um.

Erarbeitet von Konstantin Sergeew

Übersetzung: Philipp Dippl

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