Der Stärkste von allen ist der, der Gutes tut

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Das Schlimmste ist die Einsamkeit. Besonders im Alter, wenn ein Mensch schwerkrank und hilflos ist. Aber es gibt gute Menschen, die jeden Tag bei jedem Wetter zu ihren Schützlingen hetzen, medizinische Hilfe leisten, warme Mahlzeiten bringen, in der Wohnung aufräumen, und außerdem noch zuhören und sich unterhalten. Für all dies sind die alten Menschen ihnen grenzenlos dankbar. Von allen bedeutenden Sozialprojekten, welche die öffentliche Vereinigung „Wiedergeburt“ Ostkasachstan in der Region Ridder durch die Unterstützung der Bundesregierung Deutschland realisiert werden, ist die wahrscheinlich gefragteste die Aktion „Pflege daheim“.

– Die spezielle Gruppe in diesem Projekt, – sagt die Koordinatorin der Sozialarbeit Olga Kloster, – sind frühere Arbeitssoldaten, alte und einsame Menschen, denen der Haushalt schwer fällt, sie können bereits nicht mehr Lebensmittel im Geschäft kaufen, ihre Körperhygiene können sie nicht mehr pflegen. Krankheiten erschweren das Leben, einige können das Haus nicht mehr verlassen, andere sind ans Bett gefesselt. In einer solchen Situation ist Einsamkeit besonders schlimm. Sie wäre unerträglich, wenn es nicht unsere Sozialarbeiter gäbe. Sie retten im wahrsten Sinne des Wortes die alten Menschen, wenn sie kommen, um ihnen zu helfen…

In der Region, die die regionale Gesellschaft Ridder umfasst, leben rund 3500 ethnische Deutsche, von ihnen sind etwa 1000 Mitglieder der Gesellschaft „Wiedergeburt“. Ihre Mitarbeiter haben eine Liste der Bürger erstellt, welche nicht ohne fremde Hilfe auskommen können und tägliche Pflege benötigen.

Das Projekt beinhaltet auch die Ausübung von sanitären, hygienischen und medizinischen Dienstleistungen (Behandlungen und Verbandwechsel, Kontrolle der Behandlung durch einen zugewiesenen Arzt), Lieferung von warmen Mahlzeiten und Ernährung von Schwerkranken. Neben dem Willen zu dieser Sache sind auch verschiedene Kenntnisse notwendig. Deshalb wurde entschieden, Tatjana Bogdaewa zur Ausbildung nach Deutschland zu schicken. Als sie zurückkam, hat sie die erlangten Kenntnisse mit den Kollegen geteilt.

Im Verlauf der Arbeit an dem Projekt haben sich zwei Gruppen von je sechs Personen gebildet. In die erste kamen Kranke, die ans Bett gefesselt sind. Mit ihnen arbeitet Tatjana Kolesnikowa. Die alten Menschen vergöttern diese Frau. Sie ist jetzt alles für sie: Krankenschwester Pflegerin, Ernährerin, Postbotin und Psychotherapeutin. Der Grund für eine solche Haltung zu sich selbst sieht Tatjana Iwanowna in der großen Liebe, die sie für ihre Schützlinge aufnimmt. Für einen alten, kranken Menschen ist es manchmal schon eine riesige Kraftaufwendung, sich selbst zu waschen. Aber wenn Tatjana auftaucht, sind alle Probleme im Nu gelöst.

Mit Herzlichkeit spricht sie von der deutschen Gesellschaft „Wiedergeburt“:

– Es ist ein Zentrum der Freundschaft, in dem es für alle warm und wohlig ist, hier wird einem alles gezeigt und beigebracht. Als ich Rentnerin wurde, bin ich durch einen glücklichen Zufall hier gelandet und habe mit der Sozialarbeit im Projekt „Ambulante Pflege“ begonnen. Das Personal ist sachkundig, die Mannschaft ist stark und steht geschlossen zusammen.  Unsere Vorsitzende Ljubow Ignatjewa ist ein kompetenter Mensch, der die Initiative ergreift. „Sie ist unser Sonnenschein!“ – sagen meine Schützlinge über sie.

– Und wer sind Ihre Schützlinge?

– Menschen im Alter von 70 bis 95 Jahren, – erzählt Tatjana, – jeder von ihnen hat eine schwere Krankheit.

In der Kindheit und Jugend haben viele Krieg und Repressionen durchlebt. Zum Beispiel wurde Tamara Andreewna Gawrilowa aus der Ukraine nach Kasachstan geschickt. Sie lebt jetzt alleine, sie hat ihren Ehemann und ihre Kinder beerdigt. Sie besticht durch Schlichtheit, Lebensfreude und Liebe zur Erde. Marija Teodorowna Sokolowa ist auch alleine, sie hat die Parkinson-Krankheit. Sie kennt ihre Muttersprache gut, die Kommunikation fällt ihr leicht. Eine strahlende Persönlichkeit ist Marija Karlowna Wagner. Sie lebt ihre Erinnerungen. SI eliebt es zu reden, und ich höre gerne zu.

– Heißt das, Ihnen ist nicht langweilig mit ihnen?

– Ach woher denn!? Wenn ich mich mit diesen wundervollen Menschen unterhalte, wenn ich sie pflege, dann lerne ich sehr viel. Glauben Sie mir, es ist eine lohnende Arbeit. Die einsamen Menschen benötigen nicht nur Lebensmittel und Reinigung, aber auch mehr Mitgefühl, Aufmerksamkeit, Aufrichtigkeit. Meine Aufgabe ist es, einem Menschen zu helfen, seine Ängste und Sorgen loszuwerden, moralisch zu unterstützen und Zuversicht in sich selbst zu geben.

Zur zweiten Gruppe des Projektes „Pflege daheim“ gehören Menschen, die teilweise in der Lage sind, sich in ihrem Haus selbst zu versorgen, aber die trotzdem Hilfe benötigen. Sie sind nicht in der Lage, den Boden zu putzen, einkaufen zu gehen oder Medizin zu kaufen. In dieser Kategorie arbeitet Tatjana Bogdaewa. Sie ist Spezialistin in der Pflege, sie begleitet diese Menschen ins Krankenhaus, geht mit ihnen spazieren und hilft ihnen beim kochen.

„Tiefe Verbeugung und vielen Dank dafür, dass Sie immer offenherzig und bereit dazu sind, zuzuhören und zu helfen!, – antworten diese weisen, alten Menschen auf die Fürsorge, sie geizen nicht mit Wörtern der Dankbarkeit, gerichtet an Ljubow Ignatjewa, Tatjana Kolesnikowa, Nadezhda Benner, Jekaterina Sitnikowa und Olga Kloster.

– Der Stärkste von allen ist der, – erklärt Tatjana, – der Gutes tut…

Andrej Kratenko

Übersetzung: Philipp Dippl

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