Der süße Kosinus und die Geometrie des Gemüses

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Der Herbstanfang ist die Zeit der Einschulung und des kulinarischen Durcheinanders.

Der leichte Fall des Laubes, die raschelnde, süße Schultüte, die Zuckertüte, reifes, duftendes Obst und Gemüse, sowie der Tag des Erntedankfestes. In Der Region Pawlodar wurde letzte Woche die Einschulung und das Erntedankfest gefeiert.

Schultüte

Das erste Mal in der ersten Klasse mit der Schultüte im Arm. Die Tradition, den Erstklässlern Schulsachen, Spielsachen und Süßigkeiten in einer pyramidenförmigen Verpackung zu schenken, entstand in Sachsen-Anhalt und Thüringen zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Und obwohl „Tüte“ wörtlich mit „Kegel“ übersetzt wird, nennen die Russlanddeutschen dieses Geschenk üblicherweise Schultüte.

Die Verzierung des Kegels glänzt, ganz so wie es schon immer war, in einer erstaunlichen Vielfalt. Das Design hängt von der Fantasie der Eltern und Großeltern ab. Aber in Wahrheit zählen der Glanz und das Gewicht des Präsentes (je mehr desto besser), was die anstehenden Sorgen und Nöte der Kinder etwas versüßen soll. Interessanterweise ist der größte Hersteller von Schultüten in Deutschland die Firma Nestler Feinkartonagen GmbH – sie produzieren mehr als zwei Millionen Schultüten pro Jahr.

– Der Tradition, die Kinder mit dem mit Geschenken gefüllten Kegel in die erste Klasse zu schicken, begegnet man in anderen Ländern nicht. Das gibt es nur in Deutschland, – erzählt Natalja Kolotowa, Deutschlehrerin und Kuratorin und Methodistin in den Kinderzirkeln der Gesellschaft der Deutschen „Wiedergeburt“ des Gebietes Pawlodar. – Es ist bemerkenswert, dass die Zuckertüte ab Mitte des 20. Jahrhunderts an Popularität gewann. So hatte zum Beispiel in München von den „süßen Kegeln“ noch im Jahr 1907 praktisch niemand gehört. Und auch in den 1930er Jahren des letzten Jahrhunderts war dieser Brauch in Deutschland noch nicht weit verbreitet. Süßigkeiten in Form von Kuchen, Brötchen, Lebkuchen und Brezeln waren die üblichen Geschenke zur Einschulung.

Zuerst war die Schultüte an einem speziellen Schultütenbaum befestigt – ein Baum aus den „süßen Kegeln“. Die Erstklässler standen vor einer schwierigen Aufgabe, die Einfallsreichtum, Logik und Geschicklichkeit erforderte: Sie mussten es schaffen, an ihr Geschenk zu kommen, ohne die gesamte Statue zu zerstören. Die Legende besagt: wenn die Schultüte aus dem Schultüten-Baum herausgewachsen ist, dann war es Zeit, in die Schule zu gehen.

Erntedankfest

Am ersten Sonntag im Oktober feiert Deutschland das Erntedankfest. Der Tisch biegt sich ohne Zweifel vor gehaltvollen Speisen: Eintopf, Kürbisragu, Apfelkuchen, eingelegte Zucchini, Kartoffelpuffer, Mettwurst, Eiswein… Traditionelle Speisen aus dem geernteten Gemüse und Obst sowie frisch gebackenes Bauernbrot.

– In Deutschland gibt es so viele Feste. Der Name Erntedank verrät über dieses Fest: man dankt Gott für die Ernten und Gaben des Jahres. Das Erntedankfest ist der Fruchtbarkeit und dem Wohlergehen der Familie gewidmet. Übrigens ist es nicht nur für die Erwachsenen interessant, sondern auch für Kinder und Jugendliche, – erklärt Larisa Nagornaja, Regisseurin und Leiterin des Theaterstudios „Bunt“ Gesellschaftlichen Vereinigung der Deutschen „Wiedergeburt“ Pawlodar in der Stadt Aksu. – Die Menschen dankten des höheren Mächten für die Gaben der Natur und dafür, dass sie sich um jeden von ihnen kümmern. Ihren „Dank“ teilten die Bauern in Gebeten, Liedern, Gedichten und Tänzen.

Im tieferen Altertum glaubten die Germanen an Elfen, Trolle, Wassernixen, unterirdische Gnome und andere mysteriöse, aber raue und mächtige Charaktere, die durch ihre magischen Kräfte eine reiche Ernte bescheren konnten. Um diese zu besänftigen, wurden Rituale durchgeführt und sogar Opfer gebracht. Mit einem Wort, das Erntedankfest wurde als Sieg über die allmächtigen unsichtbaren Wesen gefeiert.

Die Menschen glaubten innig, dass die Ernte von Geistern bewacht wird, die ihr Wachstum oder Tod verleihen, – sagt Larisa Nagornaja. Und wenn ein Bauer die Geister nicht zufriedenstellte oder sie sogar beleidigte, erwartete sie Ärger: Die Ernte wird vernichtet. Ein unverzichtbares Attribut beim Erntedankfest war der „Erntekranz“. Er wurde aus allen Sorten Getreide geflechtet und mit Blumen, Weinreben, Vogelbeeren und Ketten aus Früchten geschmückt.

… Den Beginn der Aufführung der Künstler des Theaterstudios „Bunt“ machte eine kleine Etüde mit dem symbolischen Titel „Der Gärtner und die Bäume“. Dann, zwischen den Spielen, wurde die Erntekönigin gewählt, begleitet von fröhlicher Musik. Sie war das wichtigste Mädchen des Festes.

– Nach dem Gottesdienst werden die Geschenke an die Gemeindemitglieder verteilt, und entlang der Straßen, der Dörfern und der Städten beginnt eine feierliche Prozession. Im Anschluss an die Prozession wurden ein Volksfest und Ausstellungen veranstaltet… Kinder und Erwachsene verkleideten sich, in den Städten fanden Jahrmärkte statt, auf denen alle Spaß hatten und spielten, – merkt die Leiterin des Studios „Bunt“ an. – Ich möchte allen unseren wunderbaren Künstlern und ihren Eltern meinen Dank aussprechen, ebenso der talentierten Choreografin Madina Amirchanowa, der wunderbaren Designerin Tamara Guljaewa, sowie den hervorragenden Deutschlehrerinnen Aljona Starodubtsewa und Ilona Bralgina!..

Kirche

 – Jedes Jahr feiert die Lutherische Kirche das Erntedankfest, den Tag der Erntezeit und der Ernte, – kommentiert die Diakonin Swetlana Chizhnjak, Dekanin der Lokalen Religiösen Vereinigung „Evangelisch-Lutherische Gemeinde des Gebietes Pawlodar“.

– Das Erntedankfest nimmt einen besonderen Platz sowohl im Kirchenjahr, als auch im Naturjahr mit seinen vier Jahreszeiten ein und wird a, ersten Sonntag im Oktober gefeiert. Unsere Herzen sind voll der Freude über die guten Gaben Gottes, mit denen sich der Herr unserem Leben gnädig zeigt. Dieser Tag wird freudig und feierlich begangen: Wir schmücken die Kirche, laden Gäste ein und preisen den Gott in Gesängen, Gedichten und Basteleien der Kinder.

Wir danken Gott für seine ständige Fürsorge für uns und für alles, was für das Leben notwendig ist, für die Früchte der Erde – für die Felder und Gemüsegärten, aber vor allem für das aller kostbarste Geschenk – das Heil in Jesus Christus. An diesem Feiertag teilen wir die Freude und das Leid mit anderen Menschen. Deshalb geben wir alle Gaben, die uns gegeben wurden, an die Menschen, die sie am meisten brauchen. „Teile dein Brot mit den Hungrigen und bringe die Armen, die herbeiwandern, in dein Haus; Wenn du einen nackten Mann siehst, kleide ihn und verstecke dich nicht vor deinem Seelenverwandten“. Bereits am 4. Oktober erhielt eine Großfamilie (6 Kinder) in dem Dorf Luganskoje Herbstgeschenke.

Marina Angaldt

Übersetzung: Philipp Dippl

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