Dort ist es gut, wo wir sind

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Wir fahren fort mit dem Zyklus von Materialien, die sich dem 30. Jubiläum der Nationalbewegung der Deutschen „Wiedergeburt“ widmen. Heute beantwortet die Fragen der Redaktion der Vorsitzende der Gesellschaft der Deutschen „Wiedergeburt“ in Zhambyl, Aleksandr Gibner.

– Aleksandr Abramowitsch, in diesem Jahr feiert die Selbstorganisation der Deutschen ihr 30. Jubiläum seit dem Tag ihrer Entstehung, welche Meilensteine sind ihnen ganz besonders im Gedächtnis geblieben?

– Diese Geschichte begann im Jahr 1989. Zu dieser Zeit war ich noch ein junger und unerfahrener Direktor einer Mittelschule, als ich das betriebseigene Bezirgskommittee der Partei der Stadt Dzhambul gerufen wurde. Die Einberufung in das Bezirkskommittee, sogar die persönliche, versprach nichts Gutes, und ich ging mit beunruhigenden Gedanken dorthin: „Was wird mir der kommende Tag bringen?“ Deshalb hat mich das Angebot der dritten Sekretärin des Gebietskommittees Raisa Kastaewna Edygenowa, als Initiator der Gründung der Gesellschaft der Deutschen aufzutreten, sehr überrascht. Ich habe das Angebot abgelehnt, aber ich habe mit der Nationalbewegung zusammengearbeitet, umso mehr, da wir in der Schule Klassen mit Intensivkursen Deutsch gegründet haben.

Nach einiger Zeit verstand ich, dass die Arbeit der Gesellschaft der Deutschen in erster Linie auf die  Werbung und die Ausstellung von Dokumenten zur Ausreise nach Deutschland zur dauerhaften Niederlassung ausgerichtet war. Diese Aufgabenverteilung war mir nicht recht, ich wollte mein Leben hier in Kasachstan organisieren, und ich hoffte auf einen Entwicklungsprozess der Sprache, der Kultur und des Selbstbewusstseins, aber das trat nicht ein. Die Entscheidung, aus dem Kader der Gesellschaft auszutreten, war nur diesem Umstand zuzurechnen.

Ewald Fedorowitsch Trejze hat mich wieder zu „Wiedergeburt“ zurückgebracht. Unsere Absichten und Interessen fielen zusammen. Wir haben begonnen, uns mit der Sprache und der Kultur zu beschäftigen. Es entstanden künstlerische Kollektive in den Kreisen, Festivals wurden veranstaltet… Seitdem bin ich ständiges Mitglied der Gesellschaft, ihr Vizepräsident, und seit 2010 ihr Präsident.

– Welche der angedeuteten Ziele wurden Ihrer Meinung nach erreicht, und vor welche Probleme stellt das moderne Leben „Wiedergeburt“?

– In der ganzen Zeit wurde viel erreicht. Die Selbstorganisation der Deutschen Kasachstans entwickelte sich zu einer leistungsstarken und bedeutenden Vereinigung. Die Veranstaltungen, die von der Gesellschaft organisiert wurden, wurden zur Gewohnheit. Bei uns im Gebiet entstand das Kunstmuseum L. M. Brjummer. Im Heimatkundemuseum wurden die Ausstellungen „Ich erinnere mich an alles…“ (über Anne German) und „Die Deutschen im Gebiet Zhambyl“ eröffnet.

Viele Deutsche haben Dank „Wiedergeburt“ die Muttersprache erlernt und die Kultur der deutshcen Ethnie kennengelernt. Kurz gesagt, wir fühlen uns wie Deutsche. Die Jugend bekam die Möglichkeit, in Deutschland zu studieren. Der älteren Generation helfen wir mit Lebensmitteln und Medikamenten. Für viele bedeutet dies enorm viel.

– Wie sehen Sie die Zukunft der öffentlichen Stiftung „Wiedergeburt“ und der deutschen Ethnie in Kasachstan?

– Die Migration ist natürlich nicht aufzuhalten. Aber wir sollten alles dafür tun, damit wir hier in Kasachstan gut und komfortabel leben können. Man muss für die Menschen solche Bedingungen schaffen, damit sie sich nicht fremd fühlen. Und dafür ist es notwendig, die Arbeit zum Erlernen der Muttersprache, der Geschichte und der Kultur der kasachstanischen Deutschen fortzuführen.

Man muss den Deutschen helfen, damit sie ihre Nische in der Wirtschaft, der Wissenschaft und Kultur des Landes besetzen und ihre Fähigkeiten verwirklichen können. Viele unserer Projekte sind auf das Erreichen dieser Ziele ausgerichtet. Und dann sagen die Leute nicht „Dort ist es gut, wo wir nicht sind“, sondern „Dort ist es gut, wo wir sind“.

Interview: Olesja Klimenko

Übersetzung: Philipp Dippl

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