„Eine Geschichte – Tausende von Schicksalen: Astana war Gastgeber des Tages des Gedenkens an die Opfer politischer Repressionen“.

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Jedes Jahr am 31. Mai begeht Kasachstan den Tag des Gedenkens an die Opfer politischer Repressionen – ein Tag der Trauer und des Nachdenkens über die schwierigen Seiten der Geschichte des 20. Jahrhunderts. Dieser Tag soll die Gesellschaft an das Schicksal von Millionen von Menschen erinnern, die Opfer des totalitären Regimes wurden: zu Unrecht verurteilt, ins Exil getrieben, in Lagern inhaftiert und an Hunger gestorben. Besonders schmerzhaft wirkten sich diese Ereignisse auf das Schicksal verschiedener Volksgruppen aus, darunter auch auf das der Deutschen in Kasachstan.

In den Mauern des Kasachisch-Deutschen Zentrums organisierte die regionale Gesellschaft der Deutschen „Wiedergeburt“ in Astana und der Region Aqmola eine Gedenkveranstaltung, die dem Thema der politischen Repression gewidmet war. Ehrengäste waren eine Gruppe unserer Landsleute vom Bayerischen Kulturzentrum der Deutschen aus Russland (BKDR), die im Rahmen der Bildungsreise „Auf Deutschen Spuren in Kasachstan“ nach Kasachstan gekommen waren, um an die Vergangenheit zu erinnern und eine lebendige Verbindung zu ihr zu erhalten.

Alles begann mit einer Geschichte namens „Über Versuche“. Am Vorabend dieses denkwürdigen Datums erhielt Igor Liskow, der Leiter des deutschen sozialen Jugendtheaters „Diamant“, eine „Botschaft“ aus Deutschland. Dank dieser Botschaft wurde die wahre Geschichte des Schicksals von Erna Krenz, einer Frau, die Repressionen und schreckliche Jahre überlebt hat, auf der Bühne lebendig. Diese „Botschaft“ wurde von ihrem Enkel Vitalij geschickt, der in der Gesellschaft der Deutschen in Astana arbeitete. Gemeinsam mit seinem Vater waren sie aus Deutschland angereist und konnten persönlich an dem Gedenkabend teilnehmen. Die Gäste waren tief berührt, wie sorgfältig und respektvoll die Künstler mit ihrer Familiengeschichte umgingen.

Junge Schauspieler des Theaterstudios präsentierten die Theateraufführung „Fischen“, die sich mit den Ereignissen im Lager Aqmola für die Ehefrauen von Vaterlandsverrätern befasste. Im Mittelpunkt der Handlung stand der als „26. Punkt“ bekannte Ort, das heutige Dorf Aqmol (Malinowka). Die Inszenierung wurde zu einer ehrlichen Erinnerung an den Schmerz und den Mut von Frauen, die sich, ohne ein Verbrechen begangen zu haben, unter unmenschlichen Bedingungen wiederfanden.

Einer der stärksten und emotionalsten Momente des Abends kam beim letzten Teil der Aufführung. Als sich der Vorhang öffnete, sahen die Zuschauer dahinter eine Installation mit einem geteilten roten Stern, der mit Stacheldraht umgürtet war. Dieses Bild wurde auf der Grundlage des 1989 vom Architekten I.N. Juraschewitsch im Zentrum des Dorfes Malinowka errichteten Denkmals nachgebaut. Nach der Idee des Autors symbolisiert der gespaltene Stern die zerrissene menschliche Seele – den Schmerz, der nicht geheilt werden kann. Der Überraschungseffekt und die Kraft des visuellen Bildes versetzten das Publikum in völlige Stille. Ein solches Finale war ein emotionaler Höhepunkt des Abends und eine Erinnerung daran, dass es hinter Zahlen und Fakten lebendige Schicksale und echten Schmerz gibt.

Am Ende des Abends verließen die Teilnehmer und das Publikum nicht sofort den Raum, sondern es herrschte noch lange Zeit eine Atmosphäre des offenen Dialogs. In einer Atmosphäre des Vertrauens und der gemeinsamen Erinnerung erzählten sie persönliche Geschichten, Erinnerungen an ihre Familien, sprachen Worte der Dankbarkeit und die Bedeutung solcher Treffen an. Es gab offene und ehrliche Reden, erfüllt vom Schmerz des Verlustes und gleichzeitig von der Hoffnung auf die Bewahrung der historischen Wahrheit. Den Menschen wurde einmal mehr bewusst, wie wichtig es ist, über die Vergangenheit zu sprechen, die Erinnerung zu bewahren und sie an die nächsten Generationen weiterzugeben, damit so etwas nie wieder geschieht.

Dieser Abend erinnerte alle Anwesenden an das Wichtigste: Erinnerung ist nicht nur die Vergangenheit, sondern auch die Verantwortung der Gegenwart. Und solange sie lebendig ist, besteht auch die Hoffnung auf eine Zukunft, die auf Humanismus, Mitgefühl und Wahrheit beruht.

Юнна Кинерейш

Übersetzung: Anton Genza

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