„Erinnerung im Namen der Zukunft“

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Am 29. und 30. Mai 2022 fand im pädagogischen Institut namens Y. Altynsarin in Arkalyk das Forum „Politische Repressionen: Lehren aus Gestern und Heute“ im Rahmen des internationalen Projekts „Тарихтан тағылым – өткенге тағзым“ / „Erinnerung im Namen der Zukunft“ statt.

Die Aufmerksamkeit der Plenarsitzung des Forums galt der Bewertung des Ausmaßes der stalinistischen Repressionen und ihrer Folgen. Die Gäste, die sowohl offline, als auch online an der Veranstaltung teilnahmen, diskutierten die besonderen politischen und gesellschaftlichen Bedingungen, die zum „Roten Terror“ zu Beginn und Mitte des letzten Jahrhunderts beigetragen haben, sowie die Ideen, die die Rechtmäßigkeit, die Logik und die Rationalität der ausgeklügelten Strafen des stalinistischen Regimes begründeten. Besonderes Augenmerk wurde auf die Arbeit zur Rehabilitierung der Opfer politischer Repressionen sowie der historischen Erinnerung im Kontext der Generationenkontinuität gelegt. Außerdem wurde bei einem Treffen mit den Nachfahren über konkrete Sonderfälle und die verdrehten Schicksale der Unterdrückten und der Mitglieder der Familien jener gesprochen, die dem grausamen Strafsystem des GULAG ausgesetzt waren.

Auf dem Forum wurde ebenfalls die Notwendigkeit angesprochen, ein digitales Archiv über die in den Jahren des Zweiten Weltkriegs deportierten Völker sowie die Opfer der politischen Repressionen zu erstellen. Die Orte der Massengräber der Verfolgten sind immer noch nicht vollständig bekannt, auch gibt es in Kasachstan nur wenige digitalisierte Informationen, die die Kartei der Deportierten betreffen.

Amirchan Asanow, Akim der Stadt Arkalyk:

– Es ist erfreulich, dass dieses Forum in unserer Stadt Arkalyk stattfindet, die als eine Monostadt mit nur einer Industrie gilt. Ich weiß, dass internationale Foren in den Regionalzentren oder inder Hauptstadt abgehalten werden. Arkalyk braucht diese Werbung. Aufgrund der Schließung der TBR (Bauxitmine Torgaj) kommt es zu einer Abwanderung der Bevölkerung. Jetzt arbeiten wir daran, Arbeitsplätze zu schaffen und Investoren anzuziehen, daher sind solche Veranstaltungen von internationaler oder regionaler Bedeutung notwendig, um die Bewohner zu ermuntern, es sie spüren zu lassen, dass man Arkalyk kennt und sich daran erinnert. Das Forum besitzt natürlich eine große historische Bedeutung. Nachdem wir den Vorträgen der Referenten zugehört hatten, haben wir viele Informationen daraus gezogen, mich eingeschlossen. Wie sich herausstellte, wusste ich vieles nicht. Allerdings interessiere ich mich für Geschichte. Aber gleichzeitig stammen die Informationen, die ich erhalten habe, aus erster Hand. Diese Menschen sind Spezialisten, Ärzte und Professoren. Sie arbeiten mit Dokumenten, die unter Geheimhaltung stehen.

Kusmangali Galymzhan, Direktor der RGU „Қоғамдық келісім“ MIOR:

– Es ist ein Forum mit Tradition, welches von der Versammlung des Volkes Kasachstans initiiert wurde. Das Projekt existiert seit dem Jahr 2010. Sein Schlüsselmerkmal ist, dass es jedes Jahr seinen Standort wechselt. Erstmals findet es nicht in einem Regionalzentrum sondern in der Monostadt statt. Warum hat man sich gerade für Arkalyk entschieden? Weil bekannt ist, dass unser Land dieses Jahr den 150. Geburtstag von Achmet Bajtursynow feiert: er wurde ebenfalls Opfer politischer Repression, und deshalb wurde beschlossen, diese Veranstaltung mit seinem 150. Jubiläum zusammenfallen zu lassen; Außerdem wurde er in dieser Gegend geboren, daher wurde nach einer Diskussion beschlossen, das Forum in Arkalyk abzuhalten. Und dieses geht sehr intensiv weiter. Der Zeitplan wird nicht eingehalten, was zeigt, wie relevant und wichtig das Thema ist. Vieles liegt noch im Verborgenen, viele Informationen müssen noch enthüllt werden. Jeder der Redner versucht, die Details jener Fragen, die er untersucht, zu vermitteln und weiterzugeben. Es ist wichtig, dass die jüngere Generation über die vergangene Geschichte Bescheid weiß, die so untrennbar mit Kasachstan und all unseren Bürgern verbunden ist. Dies ist ein großer und wichtiger Teil unserer Geschichte.

Amandyk Amirchamzin, Geschäftsführer der Webseite „tobyl-torgai.kz“:

– Ich bin selbst in dieser Gegend hier verwurzelt, ich bin 360 km von Arkalyk entfernt geboren. Dementsprechend ist die Veranstaltung für mich als Einheimischer insofern interessant, als sie hier zum ersten Mal stattfindet. Dies ist nicht nur ein internationales Forum, an dem Vertreter anderer Länder auch online teilgenommen haben, aus Kirgistan oder der Russischen Föderation, es findet im Rahmen des 150. Jubiläums der öffentlichen Persönlichkeit Kasachstans Achmet Bajtursynuly statt. Für ich, als Nachkomme, der seine Vorfahren während der kasachischen Hungersnot verloren hat, – Ich habe mit einem Bericht über das Thema der Hungersnot in der Steppe Torgaj teilgenommen, – ist dieses Forum von großer Bedeutung. Der Holodomor hat jede kasachische Familie getroffen, – ich glaube, dass der Gedenktag an die Opfer des Holodomor gesondert hervorgehoben werden sollte.

Schynar Taukibaewa, Vertreterin der RGU „Қоғамдық келісім“ MIOR:

– Dieses Projekt mit dem Namen „Тарихтан тағылым – өткенге тағзым“ wird von der Versammlung des Volkes Kasachstans realisiert. Es ist dem Andenken an die Opfer politischer Repressionen und Hungersnöte gewidmet. Ursprünglich wurde das Projekt an jenen Orten durchgeführt, die in direktem Zusammenhang mit den Repressionen stehen – auf dem Territorium Kasachstans sind dies in etwa 26 Punkte, an denen sich Lager befanden. „Tарихтан тағылым – өткенге тағзым“ umfasst mehrere Etappen: die Durchführung von feierlichen Gedenkkundgebungen, die Niederlegung von Blumen an Obelisken und Denkmälern; es wurde zu einer Tradition, ein Treffen mit den Nachkommen der Verfolgten durchzuführen. Diese Treffen sind von großer Bedeutung, weil wir hier die Kontinuität der Generationen bewahren: tragische Seiten unserer Geschichte werden von Generation zu Generation weitergegeben. Ohne Frage ist dies ein moralisch sehr schwieriges Projekt. Besonders für die Nachfahren der Verfolgten und für jene Menschen, die der Deportation ausgesetzt waren. Ich möchte auch hinzufügen, dass hinter jedem Projekt der Versammlung echte Menschen stehen, und es ist sehr wichtig, jedem Teilnehmer die Essenz zu vermitteln, Aufgaben zu definieren und sie umzusetzen. Manchmal klappt das nicht immer, aber wir verbessern uns, hören uns die Meinungen der Teilnehmer an und nehmen Anpassungen vor. Jedes Projekt erfordert wie ein lebender Organismus ständige Erneuerung.

Marina Angaldt

Übersetzung: Philipp Dippl

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