Katharina Decker

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Katharina Decker (Jekaterina Dekker) hat sich in den ihr heimisch gewordenen Steppen des Bezirks Kustanai, in denen ihr ganzes arbeitsreiches Leben verlief, immer zu Hause gefühlt.

Sie ist Heldin der sozialistischen Arbeit, Trägerin zweier Leninorden, Abgeordnete des Obersten Sowjets der Kasachischen SSR zweier Legislaturperioden, berühmte Melkerin. Es wird geschätzt, dass sie in den 20 Jahren 1.230.000 kg Milch gemolken hat – und zwar von Hand!

Die Familie Decker bekannte sich zum Mennonitentum, deren Anhäger sich der weltlichen Macht entgegenstellten, sich weigerten, Waffen zu tragen und in der Armee und in staatlichen Ämtern zu dienen. In vielen Ländern wurden die Mennoniten verfolgt. Der Wanderweg aus den Niedelanden über Preussen und Russland führte die große Familie Decker zu Beginn des 19. Jahrhunderts schliesslich nach Kasachstan. Sie ließ sich auf einem Gestüt nieder, wenige Kilometer von Kustanai entfernt. Es gelang ihr aber nicht, dem Dekret des Obersten Sowjets der UdSSR vom 28. August 1941 zu entgehen, in dem die Sowjetdeutschen zu Feinden erklärt wurden.

Der Großvater Heinrich und der Vater der Familie mussten zur Arbeitsarmee. Mit fünf Kindern von 12 bis 14 Jahren blieb die Mutter Anna allein. Um zu überleben, mussten auch die Kinder arbeiten. Die Älteste, Katharina, war gerade 14. Von einer Ausbildung konnte keine Rede sein. Und was die Mennoniten von jung bis alt gut konnten, war arbeiten. Denn Arbeit war ja die Grundlage ihrer Religion. Schon als Kälberwärterin unterschied sich Katharina merklich von den anderen durch ihre Liebe zur Arbeit. Kolleginnen, die 100 Kälber zur Mast erhielten, zogen ihrer nicht mehr als 92 auf. Katharina aber behielt alle 100. Ihr Eifer fiel auf, und sie durfte Melkerin werden. Der Journalist P. Tschikun schrieb in der Zeitung „Stroitel Kommunisma“ über Katharina Decker: „Ihr Beispiel zeigt, was die Liebe zur Sache, die selbstlose Arbeit zum Wohl des Vaterlandes hergeben kann. Bei den gleichen Voraussetzungen wie fuer die anderen Melkerinnen sind die Ergebnisse bei weitem nicht identisch. Das Geheimnis liegt darin, dass Katja viele Jahre lang am gleichen Ort tadellose Arbeit für das Volk leistet und sehr viel Erfahrung gesammelt hat. Sie hat sich die Qualitäten eines neuen Menschen erworben, für den die Gesellschaft an erster Stelle steht. Niemand hätte sich daran erinnern können, dass Katharina nicht bereits um 5 Uhr morgens auf der Farm erschienen wäre. Diese wurde ihr zum zweiten Zuhause, in dem sie sich wie eine Hausherrin fühlt und mit Freude sieht, wie die Kühe ihnen persönlich ausgelegte Stücke Futter fressen.“

Auch die Nacht verbrachte Katharina öfter auf der Farm als zu Hause. Eine solche Selbstaufopferung musste sich selbstredend auch in den Resultaten sehen lassen. So erhielt sie 1963 je Kuh ihrer Gruppe 3257 kg Milch bei einem Plan von 2250, und im Jahr 1965 sogar 3576. Ihr wurde die Leitung einer Arbeitsgruppe von Melkerinnen übertragen, die bereits im ersten Jahr 2755 kg erzielte; der Durchschnittsertrag betrug dabei 2005 kg.

Katharina Decker verlebte ein langes Leben. In den letzten Jahren war sie schwer erkrankt. Mit ihren Nerven war sie am Versagen. Sie wohnte zusammen mit Neffen Iwan. Nur er konnte mit ihrem explosiven Charakter umgehen.

Katharina verstand, dass sie sich ihres natürlichen Lebensglücks beraubte, indem sie sich restlos ihrer Arbeit widmete. Sie hatte keinen Ehemann und keine Kinder, und am Lebensabend war ihr nur völlige Einsamkeit beschieden. Sie wurde in Rente geschickt und vergessen. Ihre Verwandten sind nach Deutschland gezogen. Der Grund für die Absage, mit ihnen nach Deutschland zu gehen, war der Bescheid: „Zu eifrig den totalitären Mächten gedient“. Traurige Gedanken quälen einem die Seele, wenn man das Leben dieser unermüdlich Schaffenden analysiert. Völlige Gleichgültigkeit erkennt und sieht einer, dass nicht nur ihre große Tat vergessen ist, sondern auch ihr Grab, das keinesfalls dem einer Heldin der sozialistischen Arbeit gebührt.

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