Lilija Langanz: „Die deutsche Akribie lässt mir keine Ruhe“

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– Lilija, sie sind die erfolgreiche Leiterin der Hochschule für Buchhaltung. Erzählen Sie bitte ein bisschen über sich.

– Meine berufliche Karriere begann in der Abteilung der Buchhaltung in der Hochschule der Miliz (heute Polizeiakademie), wo ich drei Jahre lang arbeitete. Ich habe, so wie alle, als „Laufmädchen“ angefangen – gib, bring her, trage weg; anschließend haben sie mir die Kasse anvertraut. In der Position als buchhalterische Kassenwärtin habe ich ziemlich lange gearbeitet. Anschließend bin ich schrittweise auf eine neue Stufe vorgerückt, bin durch alle Abteilungen gegangen, wuchs zur stellvertretenden Hauptbuchhalterin heran. Ich habe dann verstanden, dass ich weiter möchte und habe mit der Hilfe von Kollegen eine neue Arbeit gefunden, bereits als Hauptbuchhalterin.

Während ich nach dem Prinzip: „lerne aus den Fehlern der anderen“, gearbeitet habe, habe ich praktische Fähigkeiten erlangt, dank derer ich anschließend in der Abteilung Personal, Juristen, Programmierer und Buchhalter im eigenen Unternehmen einsparen konnte. Noch eine andere Belehrung der Älteren war die Redewendung: „Kümmere dich von jung auf um deine Ehre“. Ich habe immer ehrlich gearbeitet, ich habe mit Millionen hantiert und nie auch nur eine überschüssige Kopeke vom Arbeitgeber genommen. Von siebzehn Arbeitsstellen, die ich im Laufe meiner Erwerbstätigkeit inne hatte, sind dreizehn Direktoren direkt nach der Eröffnung meines Geschäfts für Dienstleistungen zu mir gekommen.

Meine Familie lebte im Dorf Burundaj. Die Mutter hat in einer Zuckerfabrik gearbeitet, in dessen Wohnheim wir lebten. In einem Zimmerchen in diesem Gebäude befand sich die Buchhaltung. Dort gab es eine alte, morsche Tür, die ein kleines bisschen Abstand, so dass ein kleines, dünnes Kind, so wie ich, sich dünn machen und in den Lagerraum der Buchhaltungsunterlagen hindurchkriechen konnte. Ich erinnere mich, wie ich mit roter Farbe in die Archive eingedrungen bin und dort irgendwelche Sachen korrigiert haben. Auf diese Weise, ohne überhaupt genau zu wissen, was Buchhaltung, oder gar Business ist, habe ich verstanden, dass ich mein Leben den Zahlen widmen wollte.

Jetzt, als fast 46-jährige Dame, verstehe ich, wie glücklich ich bin! Ich habe keine Zeit dazu aufgebracht, mich selbst und meinen Beruf zu finden, ich wusste konkret, was ich will, bin zielstrebig einem Plan gefolgt, habe studiert, schrittweise die Karriere aufgebaut, mir von Jahr zu Jahr neue Ziele auf meinem Weg gesetzt, sie erreicht und meine Erfahrung gesteigert. Als ich verstanden habe, dass ich bereit war, ins offene Meer zu schwimmen und nicht mehr „für den Onkel arbeiten“ wollte, habe ich eines Tages einfach allen Auf Wiedersehen gesagt und bin in die Welt des privaten Unternehmertums aufgebrochen.

– Mit welcher Ausbildung sind Sie in die Geschäftswelt eingestiegen?

– Zu Zeiten der Sowjetunion gab es einige Arten von Bildungseinrichtungen: Fachschulen, technische Hochschulen, Institute. Ich ging auf eine staatliche Einrichtung, die zur Kategorie der Fachschulen gehörte, allerdings den Namen „Hochschule für Buchhaltung“ trug. Nach drei Jahren schloss ich die Ausbildung mit Bestnoten ab und erhielt im Mai 1995 das rote Diplom in der Fachrichtung „Buchhaltung kommerzieller Organisationen“.

Ich habe lange ohne höhere Ausbildung gearbeitet, aber die modernen Tendenzen und Trends haben ihre eigenen Regeln diktiert. Die Arbeitgeber haben es wie eine Losung wiederholt: „Der Besitz einer höheren Ausbildung der Arbeitnehmer ist obligatorisch“. Also ging ich im Jahr 2004 an die KazGU, wo ich den wohlverdienten Titel des Bachelor-Abschlusses erhielt.

Lilija Langanz lässt sich von den Erfolgen nicht aufhalten, jedes Jahr bildet sie sich durch das absolvieren thematischer Kurse und Fortbildungsseminare im Zusammenhang mit der Einführung von Gesetzesänderungen usw. fort.

Die beruflichen Qualitäten unserer Landesgenossin erlaubten es ihr, ihre Arbeit in den schweren Jahren gleich mit diversen Organisationen zu verbinden. Um das alles zu schaffen half ihr das höchstpersönlich erstelltes, einzigartiges Buchhaltungssystem, welches es Lilija erlaubte, den Zeitaufwand im Arbeitsprozess zu minimieren. Auf die Frage, wie sich ihr Geschäft entwickelt, antwortet Lilija so:

– Ich betreibe mein eigenes Geschäft bereits seit 11 Jahren. Der Grundstein wurde im Jahr 2008 auf puren Enthusiasmus gelegt: Ich hatte 50.000 Tenge und all das bis dahin angesammelte Wissen und die Arbeitserfahrung mit Unternehmern.

Die Jahre der produktiven Arbeit erlaubten es mir, die notwendige Summe für die erste Rate zum Kauf von Büroräumen aufzubringen, man kann sagen, die Räumlichkeiten meiner Träume. Und alles hat, so wie bei allen, von daheim angefangen. Auch der Staat unterstützte mein Geschäft. Ich habe einen günstigen Kredit im Programm zur Unterstützung von kleinen und mittleren Unternehmen von der Stiftung zur Entwicklung des Unternehmertums DAMU erhalten. So wurde am 22. März des laufenden Jahres mein eigenes Büro eröffnet.

– Zeigen sich Ihre deutschen Wurzeln in Ihrer Arbeit?

– Akribie, Pünktlichkeit und hohe Ansprüche! Sogar meine Schüler leiden darunter, noch mehr fällt es mir manchmal mit mir selbst schwer. Meine mathematische Denkweise und der Perfektionismus lässt mich nicht schlafen, wenn irgend ein Zettel nicht an seinem Platz liegt. Allerdings zieht gerade das Klienten an, viele kommen wegen unserem systematischen Ansatz und der besonderen Genauigkeit bei der Vorbereitung von Dokumenten zur Archivierung. Dank des von mir aufgebauten Systems haben wir bis heute elf Steuerprüfungen bestanden, durch welche keinerlei Beanstandungen, geschweige denn Strafen entstanden sind.

Die Eltern von Lilija Langanz sind Deutsche. An den Vater und die Großeltern kann sich die kleine Lilija nicht erinnern, einzig bekannt ist, dass sie aus Odessa nach Kasachstan kamen. Die Vorfahren der mütterlichen Linie betreffend: Lilija erforschte zusammen mit ihrer Mutter den Stammbaum bis zur siebten Generation. Wie sich herausstellte, lebten die Verwandten zu Zeiten von Katharina II. Rund 30 Kilometer von Odessa entfernt, dort gab es das deutsche Dorf Elsass. Zu Beginn des zweiten Weltkrieges wurden sie nach Deutschland geschickt, wo sie bis 1949 lebten, dann versammelten sich die Familien von drei Brüdern, um zu entscheiden, wohin es weitergeht: einer ging nach Amerika, der zweite entschied sich dazu, in Deutschland zu bleiben, und der dritte, der Urgroßvater von Lilija, kam nach Kasachstan, in das kleine Dorf Burundaj im Gebiet Almaty. Bis zum Jahr 1954 lebten sie hier unter der Kommandatur. In den 1990er Jahren kehrte der größte Teil der Verwandtschaft nach Deutschland zurück, die zukünftige Geschäftsfrau und ihre Mutter entschieden allerdings, hier in Kasachstan zu bleiben, was für die Familie Langanz zur echten Heimat wurde: „Nachdem ich in Russland, Deutschland und anderen Ländern war, habe ich verstanden, dass gerade Kasachstan meine Heimat ist, und ich habe mich dazu entschieden, Kasachisch zu lernen!“

Interview: Anastasija Koroljewa

Ubersetzung: Philipp Dippl

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