Sofja Zitterkopf: Die Erinnerung, Kultur und Sprache ihrer Vorfahren bewahren

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Gestatten: Sofja Zitterkopf, 21 Jahre alt, seit 2020 aktives Mitglied der Gesellschaft der Deutschen „Wiedergeburt“ in Astana und der Region Aqmola. Derzeit studiert sie an der Eurasischen Nationaluniversität namens L. N. Gumiljow, um Deutschlehrerin zu werden. Neben ihrem Studium beteiligt sie sich aktiv an kulturellen und bildungsbezogenen Initiativen im Rahmen des deutschen Jugendklubs „Diamant“ und des Verbands der deutschen Jugend Kasachstans, hilft bei der Organisation von Veranstaltungen und pflegt den Kontakt zur deutschen Kultur.

Sofjas Teilnahme am Leben der Gesellschaft der Deutschen ist nicht nur ein Hobby oder berufliches Interesse. Es ist eine bewusste Verbindung zur persönlichen Geschichte, zum Gedächtnis und zum Schicksal ihrer Familie.

Die Familiengeschichte Sofjas reicht bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts zurück. Ihr Ururgroßvater, Johann Schmidt, wurde 1895 im Dorf Darmstadt im Bezirk Melitopol im Gebiet Dnepropetrowsk geboren. Er war Lutheraner und lebte bis zum Kriegsbeginn mit seiner Familie im Dorf Komrat im Bezirk Ak-Scheich der Krim-ASSR. Johann hatte vier Kinder: Nikolaj (Jg. 1921), Nina (1926), Valentina (1930) und Sofjas Urgroßmutter – Ljubow (1935).

Johann war Vorsitzender der Kolchose „Krasnyj Salew“ (Rote Bucht), und die Familie betrieb Fischerei – sie lebten am Ufer der Karkinitska-Bucht (Bakalskaja-Kos). Der älteste Sohn arbeitete als Motorenschlosser bei der Getreideernte.

Mit Beginn des Großen Vaterländischen Krieges wurden die Schmidts am 18. August 1941 von der Krim ins Dorf Bogdanowka in der Region Aqmola der Kasachischen SSR deportiert. Dies geschah im Rahmen der administrativen Umsiedlung von Deutschen aus nationalen Gründen. Obwohl Johanns Ehefrau Akulina angeboten wurde, mit den Kindern auf der Krim zu bleiben, entschied sich die gesamte Familie, nicht getrennt zu werden, und folgte dem Oberhaupt nach Kasachstan.

Bereits im Februar 1942 wurden Johann und sein Sohn Nikolaj vom Stalin-Rajon-Wehrkommissariat in das Besserungsarbeitslager „Bakalstroj-Tscheljabmetallurgstroi“ eingewiesen. Die Familie Schmidt durchlebte schwere Jahre: Umsiedlung, Entbehrungen, Kälte, Hunger. Sie mussten Haus, Hof und ihre Heimatorte zurücklassen. Die Kindererziehung erfolgte unter den Bedingungen der Sondersiedlung, und trotz der Schwierigkeiten bewahrten Johann und Nikolai die deutsche Kultur und Sprache: Zu Hause sprach man weiterhin Deutsch, und Traditionen wurden gepflegt.

1953 wurde Ljubows Sohn Wladimir, Sofjas Großvater, geboren. Obwohl der Krieg vorbei war, blieb die Familie in der Sondersiedlung. Erst im Februar 1956 wurden sie offiziell freigelassen, jedoch mit der Einschränkung, dass eine Rückkehr auf die Krim verboten war und das bei der Deportation konfiszierte Eigentum nicht zurückerstattet wurde. Ljubow wurde 1992 rehabilitiert, ihr Sohn Wladimir erst 1997.

In der Familie wird diese Geschichte, alte Fotos und Erinnerungen sorgfältig bewahrt und von Generation zu Generation weitergegeben. Dies hilft den Kindern, ihre Wurzeln besser zu verstehen und die Verbindung zu den Vorfahren zu spüren.

Der Familie Schmidt gelang es, deutsche Traditionen und Sprache zu bewahren. Besondere Bedeutung haben Feiertage – Weihnachten und Nikolaus. Zu Weihnachten schmückt man das Haus, stellt einen Tannenbaum auf und backt Apfelstrudel, und zu Nikolaus hängt man Socken für Geschenke auf. Die Schmidts sind aktive Teilnehmer an Veranstaltungen der deutschen Gesellschaft und Festivals, wo man nicht nur die Festatmosphäre genießen, sondern auch seine nationale Zugehörigkeit spüren kann.

Die Geschichte von Sofjas Familie ist eine Geschichte von Schmerz und Entbehrungen, aber auch von Standhaftigkeit, Liebe und der Verbundenheit mit den eigenen Wurzeln. Heute setzt das Mädchen das Werk ihrer Vorfahren fort: Sie bewahrt Sprache, Kultur und Traditionen. Ihr Weg ist ein Beispiel dafür, wie persönliche und familiäre Geschichte zu gesellschaftlichem Engagement inspirieren und als Brücke zwischen den Generationen dienen kann.

Material vorbereitet von Marija Gorbatschowa.

Übersetzung: Anton Genza

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