Wer will noch Lebkuchen?

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Ohne Peitsche, lediglich mit Lebkuchen und mit Torten. Eine Meisterin ihres Handwerks aus dem Dorf Olgino im Uspensker Kreis im Gebiet Pawlodar backt traditionelle deutsche Lebkuchen in Form der Helden aus Märchen und Zeichentrickfilmen.

Das Sortiment enthält alles, was das Herz begehrt: Lebkuchen, glasiert mit Schokolade, mit Ingwer oder zuckersüß mit Füllung, weiß, ohne Füllung und unglasiert („natur“), mit Mandeln und kandierten Früchten oder mit Honig… Hänsel und Gretel würden in Freude ausbrechen, wenn sie diese Köstlichkeiten sehen würden.

Aachener und Nürnberger Lebkuchen

„…das Häuschen ist aus Brot, das Dach darauf ist aus Lebkuchen, und die Fensterchen sind alle aus durchsichtigen Zuckerbonbons“, – mit solch köstlichen Wörtern wird das Lebkuchen-Hexenhäuschen in dem Märchen „Hänsel und Gretel“ der Gebrüder Grimm beschrieben. Man sagt, das erste Rezept für die charakteristischen süßen Lebkuchen kam aus der belgischen Stadt Dinan über die Stadt Aachen (Nordrhein-Westfalen) nach Deutschland. Die Aachener Printen sind eine einzigartige Sorte brauner Ingwerlebkuchen, die seit etwa 1820 in Aachen gebacken wird. Überhaupt ist das „Aachener Nationalgebäck“ eine legendäre exquisite und jahrhundertealte Tradition, die in der ganzen Welt bekannt ist. Selbst in dem Dorf Olgino im Gebiet Pawlodar kennt man sie.

„Bei der Herstellung der echten deutschen Lebkuchen versuche ich immer, mich an die alten Rezepte zu halten“, erzählt Anna Solonina (Mädchenname Gerzen, Anm.), Bewohnerin des Dorfes Olgino. – Ich versüße zum Beispiel den Aachener Lebkuchen mit natürlichem Honig, genau so wie es sein muss. Den Nürnberger Lebkuchen (aus dem fränkisch-bayrischen Nürnberg) füge ich kandierte Früchte und Nüsse hinzu. Ebenso verwende ich Eier von Haushühnern, Mehl, Zucker und alle Arten von Gewürzen…

Man muss anmerken, dass Lebkuchen mit Ingwer und Honig in Europa seit dem Mittelalter bekannt sind. Dabei wurde ihre Zusammensetzung lange Zeit streng geheim gehalten. Den Lebkuchenbäckern, die das Lebkuchenrezept weitergegeben haben, drohte sogar die Todesstrafe. Das älteste schriftliche Rezept für Lebkuchen, welches auf das 16. Jahrhundert datiert, befindet sich heute im Deutschen Nationalmuseum in Nürnberg.

Beginnend mit dem 16. Jahrhundert hat man damit begonnen, den Lebkuchen Formen zu geben, also sie nicht nur rund oder rechteckig zu backen, sondern zum Beispiel auch in Form von Männern. Besonders gefragt waren Lebkuchen in Form von höfischen Gestalten.

„Jede deutsche Familie hat ihre eigene Art und Weise, Lebkuchen zu backen. Ich bin darin bestrebt, meine Kaiserlein, Designergebäck, herzustellen, ohne vom Klassiker abzuweichen, aber ich füge Elemente aus Märchen hinzu. Hierdurch den Verkostern ein Märchenspiel an positiven Emotionen und origineller Geschmacksnoten garantiert: Die Mischung aus Zimt, Zitrusfrüchten, Ingwer und Kardamom bleibt unvergesslich… Ich weiß, dass einige meiner Kunden keine Lebkuchen essen, aber sie behalten sie als Andenken. Sie sagen: es ist viel zu schade, eine solche Schönheit einfach aufzuessen. Und sie erkundigen sich sogar: Wie lange kann man Lebkuchen überhaupt aufbewahren?…“ – lacht Anna.

Besonders die Kinder freuen sich natürlich – sie sind leidenschaftliche Fans der Konditorin aus Olgino. Die Kinder sind verrückt nach den interessanten, schmackhaften und duftenden Kunstwerken, die mit mehrfarbiger Glasur bedeckt sind.

Kunstwerke

Um die traditionellen deutschen Lebkuchen reißen sich die Menschen in Olgino nicht zur zu Silvester und zur Weihnachtszeit. Die örtlichen Bewohner bestellen die ausgefallenen und wunderbaren Leckereien auch zu Geburtstagen und Jubiläen.

„Wie ich annehme, müssen Sie sicherlich nicht lange den Kopf zerbrechen, was Sie den Verwandten an den Feiertagen schenken können: Werden sie alle immer mit einem Geschenk-Süßwarenset versorgt?“ – frage ich.

„Und nicht nur das! Ich habe ein breites Profil an Leidenschaften und einen rein ökologischen Fokus. Neben dem Backen kreiere ich auch Schmuck und Accessoires, ich nähe, webe Bilder aus Stroh und bringe auch meinen Kindern das Handarbeiten bei, – listet die Handwerksmeisterin auf, – Ich bin ausgebildete Modedesignerin. Ich habe 15 Jahre lang in der Schule als als Lehrerin für Verfahrenstechnik gearbeitet.“

Unter anderem engagiert sich Anna auch ehrenamtlich: Sie hilft beim Anfertigen von Kostümen, Puppen und Dekoration für die örtliche Filiale der Gesellschaft der Deutschen „Wiedergeburt“. Annas Tochter Elizaweta ist jetzt in die dritte Klasse gekommen, ihr Sohn Roman wird dieses Jahr in die Schule kommen. Beide sind aktive Teilnehmer im Deutschzirkel der POON „Wiedergeburt“ im Dorf Olgino. Anna selbst hat die Deutschkurse ebenfalls besucht, allerdings jene für Erwachsene.

„Wir versuchen, mit der ganzen Familie einen einen Beitrag nach unseren Kräften bei verschiedenen Wettbewerben zu leisten. Wir haben nicht nur einmal an regionalen und überregionalen Wettbewerben teilgenommen und auch einige Siege errungen. Zum Beispiel habe ich vor nicht allzu langer Zeit einen Kranz, eine traditionelle deutsche Torte aus Ingwerlebkuchen gemacht. Der Kuchen hat den ersten Platz der Sympathiepreise des Publikums erreicht, – sagt Anna Solonina, – Zwei meiner Strohtafeln mit einem Adler und einem Mädchen haben den zweiten Platz im regionalen Wettbewerb der dekorativen und angewandten Kunst belegt. Und unser Familien-Weihnachtsrezept wurde von der „Wiedergeburt“ ausgezeichnet. Davon abgesehen sind Lisa und Roman Omas liebste Helfer beim Eierfärben zu Ostern und beim Schmücken des Weihnachtsbaums zur Adventszeit.“

Mit einem Wort, die Familie Solonin-Gerzen ist eine kreative, fleißige und wissbegierige Familie, die die nationalen deutschen Traditionen verehrt. Besonderes Interesse schenkt Elizaweta der Geschichte der Deutschen Kasachstans und Russlands.

Die junge Frau besuchte mit großer Freude die einzigartige Netzwerk-Sprachplattform „Auf den Spuren der russlanddeutschen Kulturgeschichte“, welche in diesem Juli in der Region Pawlodar stattfand.

Marina Angaldt

Übersetzung: Philipp Dippl

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