Zur Bewertung von Personenstandsurkunden deutscher (Spät-)Aussiedler Zurück Veröffentlicht in August 16, 2019Juli 30, 2020 Namensartikel des Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten Aussiedlerbeauftragtenkonferenz 2019 thematisiert Glaubhaftmachung von Personenstandsbeurkundungen in den Herkunftsgebieten bei aktuellen Standesamtsfällen in Deutschland. Aus der alltäglichen Beratungspraxis der Selbstorganisationen deutscher Aussiedler und Spätaussiedler wurden Beauftragte des Bundes und der Länder vermehrt mit Hinweisen konfrontiert, dass vereinzelt Standesämter von Aussiedlern und Spätaussiedlern bei Eintragungen in das Personenstandsregister (insbesondere Eheschließungen und Todesfälle) „aktuelle“ Geburtsurkunden fordern. Dies bedeutet für die Betroffenen, dass sie eine Geburtsurkunde vorlegen müssen, deren Ausstellungsdatum in der Regel nicht länger als sechs Monate zurückliegen darf. Viele der Betroffenen stellt diese Forderung vor erhebliche Herausforderungen. Um diese Forderung erfüllen zu können, müssten sich Betroffene an das Standesamt im Vertreibungsgebiet im Ausland wenden, wo Vorgänge meist viele Jahrzehnte vorher beurkundet wurden. on Betroffenen werden erhebliche Schwierigkeiten bei diesem Unterfangen geschildert. Seit Aufnahme im Bundesgebiet besteht in den meisten Fällen keinerlei Kontakt mehr zu den Behörden des Herkunftsgebietes, oft scheitert das schon an fehlenden Sprachkenntnissen oder kriegsfolgenbedingten emotionalen Hürden. Deswegen hat die Aussiedlerbeauftragtenkonferenz im Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat in seiner Sitzung vom 27.3.2019 dieses Thema beraten und eine aufklärende Stellungnahme beschlossen. Auch wurde das Thema durch ein Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat nach einem Beschluss der Personenstandsrechtsreferenten von Bund und Ländern vom 5.6.2019 an die Innenministerien/Senatsverwaltungen der Länder aufgegriffen. Grundsätzlich sind in Register einzutragende Sachverhalte glaubhaft zu machen. Die Entscheidung, ob Standesbeamte hierbei vorgelegte Urkunden als ausreichend anerkennen, entscheiden diese selbst nach pflichtgemäßem Ermessen. Denn Standesbeamte sind in der Ausübung ihrer Tätigkeit gemäß § 2 PStG grundsätzlich weisungsfrei. Dies bedeutet, dass sie nicht unter der Fachaufsicht eines Dienstvorgesetzten oder einer anderen nach Landesrecht zuständigen Aufsichtsbehörde stehen. Glaubhaftmachung reicht aus Zu beachten ist bei Aussiedlern und Spätaussiedlern, dass diese mit deren Aufnahme im Bundesgebiet und dem Erwerb der Rechtsstellung gem. Art. 116 Abs. 1 GG den dauerhaften Aufenthalt und den Lebensmittelpunkt in Deutschland haben und für alle standesamtlichen Vorgänge die Zuständigkeit des Wohnsitzstandesamtes in Deutschland gegeben ist. Eine Fortschreibung der standesamtlichen Situation erfolgt nicht mehr im Herkunftsgebiet, zu welchem mit Aussiedlung alle Rechtsbeziehungen regelmäßig beendet wurden, sondern in Deutschland. Auszüge aus dortigen Registern geben daher in aller Regel nicht einen „aktuellen“ Sachstand wieder, sondern einen historischen, zum Zeitpunkt der Aussiedlung. Dieser Registerstand ist in aller Regel von den Betroffenen zeitnah im Aufnahmeverfahren (Ausstellung des Registrierscheines) glaubhaft gemacht worden. Statt der beschwerlichen Anforderung „neuer“ Unterlagen mit lediglich historischen Aussagen aus dem Herkunftsgebiet können daher in aller Regel die im Aufnahmeverfahren vorgelegten Unterlagen bzw. deren Fortschreibung durch deutsche Standesämter als Mittel der Glaubhaftmachung bei neuen Vorgängen als ausreichend angesehen werden, wenn keine Anhaltspunkte für eine Änderung vorliegen. Auch der Registrierschein und der Vertriebenenausweis oder eine Spätaussiedlerbescheinigung können als beweiskräftige Unterlage herangezogen werden. Sollten Betroffene von der Möglichkeit der Anlegung eines Familienbuches (§ 15a PStG a.F.) Gebrauch gemacht haben, kann auch eine noch vorhandene Abschrift aus dem bei dem Wohnsitzstandesamt nach deutschem Recht geführten Familienbuch als Mittel der Glaubhaftmachung vorgelegt werden. Nachbeurkundung in Deutschland möglich Hinzuweisen ist auf einen weiteren Weg, in Deutschland ausgestellte (aktuelle) Urkunden zu Personenstandsvorgängen in den Herkunftsländern zu beschaffen. Spätaussiedler haben die Möglichkeit, einen im Ausland erfolgten Personenstandsfall (Geburt, Eheschließung, Begründung von Lebenspartnerschaft oder Sterbefall) gemäß den §§ 34 bis 36 PStG beim Standesamt an ihrem Wohnsitz nachbeurkunden zu lassen. Antragsberechtigt sind a) für die Nachbeurkundung der Eheschließung die Ehegatten, sind beide verstorben, deren Eltern und Kinder, b) für die Nachbeurkundung der Geburt die Eltern des Kindes, das Kind, dessen Ehegatte, Lebenspartner oder Kinder, c) für die Nachbeurkundung eines Sterbefalls die Eltern, Kinder und die Ehegatten und Lebenspartner des Verstorbenen und jede andere Person, die ein rechtliches Interesse an der Beurkundung geltend macht. Die Beurkundung in dem deutschen Personenstandsregister wird auf formlosen Antrag entsprechend der im Aussiedlungsgebiet erfolgten und vom Antragsteller zu belegenden ursprünglichen Beurkundungsdaten vorgenommen. Der Beleg kann durch die gleichen Urkunden erfolgen, die schon im Aufnahmeverfahren bei Ausstellung des Registrierscheines vorgelegt wurden. Die Nachbeurkundung von Eheschließungen und Lebenspartnerschaften erfolgt dabei mit den Namen, die der Spätaussiedler aufgrund einer Erklärung nach § 94 BVFG in Deutschland führt. Nach der erfolgten Nachbeurkundung können Spätaussiedler und deren nahe Angehörige dann zu jederzeit vom zuständigen Standesamt in Deutschland eine „aktuelle“ deutsche Personenstandsurkunde (Geburts-, Ehe-, Lebenspartnerschafts- oder Sterbeurkunde) erhalten und wären nicht mehr auf weitere Mittel zur Glaubhaftmachung oder sogar den Kontakt zu den Standesämtern im Aussiedlungsgebiet angewiesen. Prof. Dr. Bernd Fabritius, Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationalen Minderheiten Berlin, 13. August 2019 Поделиться ссылкой: