30 Jahre VDJK: Olga Stein

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Olga Stein, stellvertretende Exekutivdirektorin der Stiftung „Wiedergeburt“

Olga, Sie standen an den Anfängen der Gründung des VDJK. Wie würden Sie persönlich diese schwierige Zeit charakterisieren, und womit hatten die ersten Aktivisten zu kämpfen?

Die Idee, einen Verband der deutschen Jugend Kasachstans zu gründen, entstand schon lange vor 1996 und gehörte Vertretern der Selbstorganisation der Deutschen unter Leitung von Alexander Dederer. Unterstützt wurde sie auch von einer aktiven Gruppe junger Leute aus Almaty. Zum ersten Mal habe ich beim II. Kongress der Deutschen Kasachstans 1995 davon gehört, damals war ich Delegierte aus Karaganda. Man versammelte uns in einem separaten Saal, und zusammen mit der Initiativgruppe aus Almaty diskutierten wir die Idee, ein Jugendflügel bei der Assoziation der Deutschen zu schaffen. Was sollte das sein? Womit sollten wir uns beschäftigen, welche Ausrichtung sollte es haben? Und bereits im Februar konkretisierte sich diese Idee in einer Gründungskonferenz, zu der Vertreter der Jugend aus allen Regionen Kasachstans eingeladen wurden.

Ich würde nicht sagen, dass gerade die erste Zeit die schwierigste war – im Grunde war jede Etappe des VDJK eine Herausforderung, jede hatte ihre Besonderheiten. Der Start war vor allem aufgrund der wirtschaftlichen Lage im Land schwierig. Mitte der 90er Jahre – das sagt eigentlich schon alles.

Die Jugend hatte keinen Ort, wohin sie gehen konnte, es gab nichts – keine Sportsektionen, keine Organisationen. Unsere Jugendstrukturen wurden damals zu einem der wenigen Orte, an dem junge Menschen zusammenkommen und miteinander reden konnten. Es waren motivierte Jugendliche, die sich für ihre Wurzeln interessierten und sich entwickeln wollten.

Womit hatten wir zu kämpfen? Wir waren die Ersten und wussten oft selbst nicht, wohin wir uns bewegen sollten, wie man Jugendarbeit gestaltet, wie man Prioritäten setzt. Niemand hat uns das beigebracht, es gab weder Richtlinien noch Vorbilder oder Mentoren. Deshalb haben wir vieles nach unserem inneren Verständnis gemacht.

Was hat Sie persönlich an der gesellschaftlichen Jugendarbeit angezogen? Hat sich seitdem viel verändert? Und was sollte Ihrer Meinung nach heute transformiert werden?

In erster Linie die Kommunikation. Das ist das, was jede Jugend anzieht. Und zum Zweiten – der Wunsch, mit Gleichgesinnten zusammen zu sein, sich gemeinsam mit ihnen zu entwickeln, die Geschichte und Kultur kennenzulernen, die eigene ethnische Identität zu formen. Außerdem habe ich mich immer für die deutsche Sprache interessiert. Ich hatte zu dieser Zeit das Pädagogische Institut in Kokschetau als Lehrerin für Deutsch abgeschlossen. Deshalb hat mich die Möglichkeit, die Sprache zu sprechen, sehr angezogen.

Es ist kein Geheimnis, dass wir größtenteils aus gemischten Familien stammten. Deshalb fand die Weitergabe von Sprache, Traditionen und Kultur kaum oder nur sehr reduziert statt. Gerade die Jugendclubs halfen uns damals – neben anderen deutschen Organisationen – unseren Platz zu finden und Teil der eigenen ethnischen Gruppe zu werden.

Damals war die Jugendbewegung sehr stark von Masse geprägt. Die Clubs „wuchsen wie Pilze nach dem Regen“, es waren sehr viele junge Leute dabei. Das Hauptproblem war: Wir wussten nicht, was wir mit all dem anfangen sollten, wie wir die Jugendarbeit entwickeln sollten. Heute ist die Situation ganz anders – wir haben Werkzeuge, bestimmte Fähigkeiten, wir verstehen, wie und wohin wir gehen müssen. Aber heute ist es sehr viel schwieriger, junge Menschen zu motivieren – die Konkurrenz anderer Strukturen ist groß.

Die Jugend kann sich in verschiedenen Bereichen verwirklichen, und das ist auch gut so. Es zeigt, dass unsere Gesellschaft bereits weit vorangeschritten ist und viel zu bieten hat. Vor diesem Hintergrund müssen wir sehr interessante und konkurrenzfähige Angebote schaffen.

Welche genau? Warum kommen Ihrer Meinung nach Jugendliche heute zu den Jugendclubs der Deutschen?

Wiederum wegen der Kommunikation und wegen des Bewusstseins, dass sie etwas Bedeutungsvolles tun. Es braucht Ideen und Projekte, die etwas Nützliches und Wichtiges für die Gesellschaft schaffen. Außerdem sind wir einzigartig darin, dass wir die deutsche Sprache lernen und fördern. Wir arbeiten mit Partnerorganisationen aus Deutschland und den GUS-Ländern zusammen. Auch das ist für die Jugendlichen sehr attraktiv – ebenso wie Jugend- und Sprachcamps und andere Projekte, die wir organisieren. Aber man muss diese Mechanismen richtig aufbauen und mehr daran arbeiten, den Teilnehmerkreis zu erweitern.

Trotz des 30-jährigen Bestehens der Jugendorganisation haben viele noch nie von ihr gehört. Einige Jugendclubs bleiben sehr in sich geschlossen: Es geht ihnen gut miteinander, es kommen ein oder zwei Neue dazu und das war’s. Sie nehmen zwar aktiv an Projekten teil, entwickeln aber nur sich selbst, ohne auf breite Beteiligung hinzuarbeiten.

Die erste Aufgabe, die ich der Jugendorganisation heute stellen würde, ist deshalb die Erweiterung der Reichweite und die Steigerung der Bekanntheit des VDJK – durch soziale Netzwerke, Bildungseinrichtungen, regelmäßige Tage der offenen Tür usw. Je mehr Jugendliche dabei sind, desto interessanter und konkurrenzfähiger wird das Umfeld.

Die Weitergabe zwischen den Generationen ist eine der Prioritäten der Selbstorganisation der Deutschen in Kasachstan. Welche Merkmale dieser Kontinuität sehen Sie in den 30 Jahren des VDJK?

Im Moment sehe ich hier eine gewisse Schwachstelle. Natürlich ist es wichtig, aktive Jugendliche mit Potenzial zu identifizieren, die weitermachen können. Aber ich denke, dass wir dabei manchmal den falschen Weg gehen. Sobald wir sie finden, überhäufen wir sie gleich mit allen möglichen Formen der Unterstützung. Ich würde zuerst mehr Verantwortung geben und mehr Möglichkeiten, sich selbst zu zeigen: Was kannst du? Wie kannst du? Erst danach sollte man Unterstützung anbieten.

Meiner Meinung nach muss man die Taktik ändern… Für mich muss es eine Bewegung in zwei Richtungen sein: nicht nur, was wir der Jugend geben können, sondern auch, was die Jugend selbst der Organisation und ihrer ethnischen Gruppe geben kann. Nur so entstehen Wirksamkeit, Wachstum und Bindung an die Organisation. Und genau das sichert die Kontinuität.

Welche Projekte erlauben es Ihrer Meinung nach am besten, das Potenzial der Jugend zu entfalten?

Leider sehe ich in der heutigen Projektarbeit keinen eigenen Ansatz der Jugend. Meistens läuft es so: Wir denken uns etwas für sie aus. Aber es sollte anders sein – die Jugend selbst muss Projekte initiieren und verstehen, was sie will. Natürlich muss das allen Förderkriterien entsprechen. Aber nur dann gibt es Bewegung und Entwicklung nach vorne.

Ich würde sagen, dass man der Jugend mehr Möglichkeiten geben sollte, sich selbst einzubringen und ihr Potenzial eigenständig zu verwirklichen, auch durch Hospitationen. Projekte für sie auszudenken, ist nicht ganz richtig.

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