Iwan Scharf – eine Erinnerung, die ein Leben lang währt

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Zu Ehren des Tages des Gedenkens und der Trauer wurde eine Exkursion in das Dorf Akmol (das frühere Dorf Malinowka) in der Region Aqmola organisiert, wo sich das Lager Aqmola für Ehefrauen von Vaterlandsverrätern befand.

Es war das größte sowjetische Frauenlager, in dem die ersten weiblichen Häftlinge im Januar 1938 eintrafen. In den 16 Jahren seines Bestehens durchliefen mehr als 18 Tausend Frauen dieses Lager. Ihr einziger Fehler war, dass ihre Verwandten als Volksfeinde angesehen wurden. Das System verschonte auch die Kinder nicht, sie wurden als Kinder von Vaterlandsverrätern bezeichnet und zusammen mit ihren Müttern in das Lager gebracht. Kinder unter drei Jahren wurden in einer separaten Baracke untergebracht, die „Mütterhaus“ genannt wurde. Sie wurden von einem Kindermädchen aus den Reihen der Häftlinge betreut. Nach Vollendung des 3. Lebensjahres wurden sie in Waisenhäuser eingewiesen. Im Lager wurden einem Menschen der Nachname, die Staatsangehörigkeit und der Zivilberuf entzogen.

Der Rang war für alle derselbe: Volksfeind, Vaterlandsverräter. Sie waren an den persönlichen Nummern auf ihrer Spezialkleidung zu erkennen. Hinter dem Stacheldraht mussten sie sich von ihrem geliebten Volk lossagen, aber sie blieben unbezwingbar. Sie alle verdienen es, dass man sich ihrer erinnert. Dieser Ort ist noch immer ein stummer Zeuge der menschlichen Tragödie des zwanzigsten Jahrhunderts. Das Museum selbst wurde auf dem Gelände eines blühenden Apfelgartens eröffnet, der von den Gefangenen gepflanzt und gepflegt wurde.

Es wurde auf Initiative von Iwan Iwanowitsch Scharf, einem Deutschstämmigen, der im Dorf Malinowka lebte, und Frauen, ehemaligen Häftlingen von Alzhir, eingerichtet. Dank der Hilfe der örtlichen Bevölkerung fand Iwan Iwanowitsch den alten Friedhof, auf dem die Häftlinge der Alzhir begraben waren, umzäunte den Ort und stellte ein Gedenkschild auf. Außerdem errichtete er in Malinowka ein Denkmal in Form eines zerschnittenen Sterns zur Erinnerung an die Opfer der Repressionen.

1989 veröffentlichte Iwan Scharf eine Anzeige in der Zeitung „Wer erinnert sich an Alzhir?“ und organisierte ein Treffen ehemaliger Häftlinge. Sie berichteten über die Härten, die sie in Alzhir erlitten hatten, und schlugen vor, auf dem Gelände ein Museum zu eröffnen, in dem sie die Dinge und Gegenstände, die sie aus diesen Jahren mitgebracht hatten, ausstellen würden. Die Gelegenheit, den Vorschlag der ehemaligen Häftlinge von Alzhir zu verwirklichen, ergab sich erst im Jahr 1997.

Iwan Scharf beauftragte Raisa Shaksybajewa mit der Leitung des Museums. Von 1997 bis 2006 wurde die gesamte Arbeit von Iwan Scharf persönlich finanziert. Am 27. Februar 2007 erließ der kasachische Präsident Nursultan Nasarbajew ein Dekret zur Eröffnung des Museums-Gedenkkomplexes „Alzhir“ im Dorf Aqmol. Am 31. Mai 2007 fand die Eröffnungsfeier statt, an der Iwan Iwanowitsch teilnahm. Er verstarb 2010, doch die von ihm begonnene Arbeit zur Einrichtung des Museums und zur Verewigung der Erinnerung an die Opfer politischer Repressionen blieb lebendig.

Nadeshda Friesen

Übersetzung: Annabel Rosin

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