Kasachisch-Deutsche Regierungskommission: Maßnahmen zur Unterstützung der Deutschstämmigen

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Unter dem gemeinsamen Vorsitz von Roman Wassilenko, stellvertretender Außenminister der Republik Kasachstan, und Natalie Pawlik, Beauftragte der Bundesregierung der Bundesrepublik Deutschland für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, MdB, fand in Astana die 20. zwischenstaatliche Kommission für die Angelegenheiten der in Kasachstan lebenden Deutschen statt.

Auf der Tagesordnung stehen der Erhalt der deutschen Sprache, der Ausbau der Zusammenarbeit in den Bereichen Kultur und Bildung, insbesondere der Bau der Kasachisch-Deutschen Schule in Astana und der Wiederaufbau des Deutschen Theaters, die Zusammenarbeit im Jugendbereich, Visaerleichterungen und weitere wichtige Themen.

Bei der Eröffnung des Treffens betonte Roman Wassilenko, dass Kasachstan alle Voraussetzungen und rechtlichen Rahmenbedingungen für die Entwicklung aller Nationalitäten geschaffen hat. Und die Deutschen der Republik sind in allen Bereichen ihrer Aktivitäten stark vertreten. So leisten das Kasachisch-Deutsche Zentrum in Astana, das Deutsche Schauspielhaus, die Deutsche Allgemeine Zeitung und die Kasachisch-Deutsche Universität einen großen Beitrag zur Stärkung der kulturellen und humanitären Zusammenarbeit zwischen den Ländern. Eine besondere Rolle bei all diesen Aktivitäten spielt jedoch die Gesellschaftliche Stiftung „Vereinigung der Deutschen Kasachstans ‚Wiedergeburt‘“.

„Das vergangene Jahr war reich an Ereignissen: Der Besuch der Staatsoberhäupter Frank-Walter Steinmeier im Juni in Kasachstan und Kassym-Schomart Tokajew im September in Deutschland gab den Anstoß für neue gemeinsame Projekte in den Bereichen Landwirtschaft, erneuerbare Energien, Wissenschaft und Bildung sowie für den Aufbau strategischer regionaler Partnerschaften. In diesem Jahr kommt dem bevorstehenden Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz in Astana im September eine besondere Bedeutung zu“, so der Ko-Vorsitzende.

People to people, business to business

Gleichzeitig nannte Roman Wassilenko Fragen der Visaregelung als ein wesentliches Hindernis für die Entwicklung der bilateralen Zusammenarbeit, die deutlich veraltet ist und nicht den modernen Realitäten entspricht.

“Wir sind der Meinung, dass die Reduzierung der Liste der Dokumente für den Erhalt eines Visums sowie die Eröffnung zusätzlicher Visazentren in den großen Städten Kasachstans eine wichtige Unterstützung sowohl für die Deutschen als auch für andere Bürger Kasachstans sein könnte. Seit etwa 20 Jahren hat die kasachische Seite dieses Thema auf verschiedenen Ebenen zur Sprache gebracht, aber leider gab es kaum Fortschritte. Wir glauben, dass die Lockerung der Visumspflicht es den Bürgern unseres Landes ermöglichen wird, ihre Freunde und Verwandten ohne besondere bürokratische Schwierigkeiten zu besuchen und Studenten ein Visum für ihr Studium zu erhalten“, fasst der Diplomat zusammen.

Der Botschafter Kasachstans in Deutschland Nurlan Onzhanov unterstützte seinen Kollegen und erinnerte daran, dass Kasachstan seit Januar 2017 die Visumspflicht für Bürger aus 48 Ländern aufgehoben hat, darunter auch Deutschland, wo heute fünf Konsularabteilungen der Republik tätig sind. Es ist geplant, bald eine weitere zu eröffnen.

„Dies erleichtert die Visumverfahren für die Einwohner Deutschlands erheblich, während die Bürger unseres Landes mit einer Reihe von Schwierigkeiten konfrontiert sind“, schloss der Botschafter ab.

Darüber hinaus wies der Diplomat darauf hin, dass sich in diesem Jahr der Geburtstag des berühmten kasachstanischen Schriftstellers Herold Belger zum 90. Geburtstag jährt. Es ist wichtig, seinen Roman „Das Haus des Wanderers“ neu zu veröffentlichen, der im Rahmen eines Projekts der Botschaft ins Deutsche übersetzt wurde und in Deutschland großen Erfolg hatte.

Die deutsche Seite wiederum hob die Maßnahmen hervor, die das Ministerium des Innern und für Heimat der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen des Programms zur Unterstützung der deutschen Volksgruppe in Kasachstan in den Bereichen Ethnokultur, Sprache, Jugend und Soziales durchführt. Auch Frau Natalie Pawlik betonte, dass es unseren Ländern trotz der komplexen geopolitischen Situation auf der internationalen Bühne und neuer Herausforderungen gelingt, eine fruchtbare bilaterale Zusammenarbeit aufrechtzuerhalten und zu entwickeln. Dabei spielen die in Kasachstan lebenden Deutschen und die ehemaligen Kasachstaner in Deutschland eine wichtige Rolle.

Das reiche Erbe der deutschen Kultur

Seit der letzten Regierungskommission hat die Selbstorganisation der Deutschen eine Vielzahl erfolgreicher Projekte durchgeführt. Laut Yevgemiy, dem Vorsitzenden des Aufsichtsrates der „Wiedergeburt“, waren es im Jahr 2023 insgesamt mehr als 400 Projekte in sieben Richtungen, wobei der Schwerpunkt auf der ethnisch-kulturellen Ebene lag. So wurde das XI. Republikanische Festival der deutschen Kultur „Wir sind zusammen 2023“ zur Quintessenz jahrelanger akribischer Arbeit. Zwei Tage lang demonstrierte es nicht nur das reiche Erbe der deutschen Kultur, sondern wirkte auch als ein wichtiger Konsolidierungsfaktor für die gesamte multinationale Gemeinschaft Kasachstans.

„Wir entwickeln eine enge Zusammenarbeit mit der deutschen Botschaft in Kasachstan, dem Goethe-Institut und anderen Selbstorganisationen, die wir methodisch unterstützen. Darüber hinaus fungiert das Kasachisch-Deutsche Zentrum weiterhin als wichtige verbindende Plattform in anderen Bereichen, auch in der Wirtschaft. Die Deutschen der Republik sind auf allen staatlichen Ebenen vertreten: in beiden Kammern des Parlaments, in den lokalen Selbstverwaltungsorganen, im Nationalen Kurultai und in der Volksversammlung von Kasachstan. Mit einem Wort, dank des Prinzips ‚Wir sind verschieden, aber wir sind gleich‘ hat unser Land alle Bedingungen für die in ihm lebenden ethnischen Gruppen geschaffen“, informierte Yevgeniy Bolgert.

Der Senator hob besonders die Eröffnung der kasachisch-deutschen Schule in Astana hervor:

„Es wurden Vereinbarungen über die Finanzierung des Projekts getroffen, das Akimat der Hauptstadt hat ein Grundstück mit der notwendigen Infrastruktur für den Bau einer Bildungseinrichtung für 600 Schulplätze ausgewiesen. Wir haben das nationale Projekt ‚Komfortable Schule‘ als Grundlage genommen. Ich möchte mich bei meinen Kollegen vom Auswärtigen Amt der Bundesrepublik Deutschland und der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA) bedanken, die uns regelmäßig mit Rat und Tat zur Seite stehen. Für das weitere Funktionieren und die institutionelle Basis müssen wir die Rahmendokumente unterzeichnen, die wir gemeinsam mit dem Bildungsministerium der Republik Kasachstan erarbeitet haben. Ich habe eine große Bitte an die Kommission, dieses Projekt voll und ganz zu unterstützen und die Unterzeichnung des Abkommens so bald wie möglich zu fördern. Wir sind bereit, zu praktischen Maßnahmen überzugehen. Im September des laufenden Jahres wird die Ankunft des deutschen Bundeskanzlers Olaf Scholz erwartet; ich schlage vor, während seines Besuchs die Kapsel der zukünftigen Schule zu legen.“

Yevgeniy Bolgert bezeichnete den Erwerb des Deutschen Hauses in Karaganda als einen weiteren wichtigen Schritt. Heute leben etwa 35.000 Deutsche in der Region, das sind 16 Prozent der deutschen Gesamtbevölkerung der Republik. Aber leider haben sie kein eigenes Haus, und die regionale Gesellschaft muss in gemieteten Räumen untergebracht werden.

Im letzten Teil seiner Rede sprach der Vorsitzende des Aufsichtsrates die derzeit problematischen Fragen der Kofinanzierung und der übermäßigen Bürokratie bei der Berichterstattung an.

„Natürlich sind die Fragen der Kontrolle und der Mittelverwendung äußerst wichtig, aber mit der übermäßigen Bürokratisierung verlieren wir das Wesentliche und den Inhalt der Projekte. Darüber hinaus ist auch die Frage der Kofinanzierung kompliziert. Bislang beläuft sie sich auf 55 Millionen Tenge (110 Tausend Euro), aber wir sind keine kommerzielle, sondern eine gesellschaftliche Organisation, deren Aktivitäten streng geregelt sind. Wo es möglich ist, beziehen wir natürlich unsere Unternehmer mit ein. Aber es handelt sich nicht um garantierte Beträge, vor allem jetzt nicht, wo das Land von Überschwemmungen heimgesucht wird. Viele Wohltätigkeitsfonds werden in erster Linie für den regionalen Wiederaufbau verwendet. Wir können uns nicht regelmäßig, Jahr für Jahr, auf die Mittel der Unternehmer verlassen. Die Anforderungen an die Kofinanzierung sollten meiner Meinung nach nicht starr und kategorisch sein, sondern eher freiwillig, von Fall zu Fall besprochen, was nur zur Umsetzung von Großprojekten beitragen wird.“

Frage der staatlichen Ebene

Albert Rau, stellvertretender Sprecher der Mäschilis des Parlaments der Republik Kasachstan, der an den Arbeiten der Kommission teilnahm, sprach die Entwicklung der deutschen Sprache als einen der wesentlichen Bestandteile der Bewahrung der nationalen Identität an.

„Bei jeder Sitzung schlage ich Alarm über das Schicksal der deutschen Sprache – das Programm der Dreisprachigkeit hat sie überall verdrängt und durch das Englische ersetzt. Dadurch haben wir mehrere Generationen verloren, auch Lehrer. Im Jahr 2018 haben wir dafür gesorgt, dass Deutsch wieder zum Bildungsstandard wird, aber wir können den Kreis nicht durchbrechen. Auf unsere Initiative hin wurden Schulbücher der neuen Generation entwickelt, aber sie bleiben bei den Verlagen und werden nicht zurückgekauft. Wir bilden auch Lehrer auf der Grundlage der Kokschetau-Universität aus, wofür wir der deutschen Seite und dem Akimat der Region Aqmola sehr dankbar sind. Aber nach dem Abschluss der Universität finden die jungen Lehrer keine Arbeit, weil es nicht genug Stunden gibt. So vergeht die Zeit von Auftrag zu Auftrag, und die Zahl der Deutschkurse nimmt nicht zu. Und wir, die deutsche Gemeinschaft, sind darüber sehr besorgt. Und das ist nicht nur ein ethnisches Problem, sondern ein staatliches Problem“, fasste Albert Rau zusammen.

Wir bauen unsere Zukunft in Kasachstan

Die Aktivitäten des Verbandes der Deutschen Jugend Kasachstans wurden von seiner Vorsitzenden Kristina Larina vorgestellt:

„Im Jahr 2023 setzte der VDJK seine Aktivitäten fort, die auf den Prinzipien der Erhaltung und Weitergabe von Entwicklungswerten, der Kontinuität der Generationen, der Partnerschaft und der Verantwortung basieren. Wir haben 20 Projekte durchgeführt, darunter 11 nationale und 2 internationale Projekte, mit denen wir etwa 30.000 junge Menschen im Alter von 12 bis 35 Jahren erreichen konnten. Bei unseren Aktivitäten wird dem Studium der deutschen und kasachischen Sprache große Aufmerksamkeit geschenkt. Besonders wichtig ist die Identifizierung und Förderung von Sprechern, die auf republikanischen Plattformen aktiv sind und in verschiedene Bereiche unserer Gesellschaft integriert sind. Wir bauen unsere Zukunft in Kasachstan auf und legen großen Wert auf die Beherrschung sowohl der deutschen Muttersprache als auch der Staatssprache.“

Generell fand im Rahmen der Jubiläumssitzung der Regierungskommission ein konstruktiver Dialog statt, der der Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern sicherlich neue Impulse geben wird. Im Anschluss an die Ergebnisse des Treffens unterzeichneten die Parteien ein gemeinsames Kommuniqué, in dem weitere Maßnahmen der Regierungen zur komplexen Unterstützung der deutschen Minderheit in Kasachstan angekündigt wurden.

Sie können sich mit dem offiziellen Dokument auf dem Portal der Deutschen Kasachstans wiedergeburt.kz vertraut machen.

Olesja Klimenko

Überetzung: Annabel Rosin

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